Rassistische Aussagen im Beamtenverhältnis – Gefahren, Folgen und Verteidigung

Beamte verpflichten sich im besonderen Maß den Werten des Grundgesetzes. Rassistische und rechtsextremistische Aussagen sind daher ein rotes Tuch im Beamtenverhältnis. Wir erklären Ihnen, wo Gefahren liegen und wie Sie sich gegen Vorwürfe verteidigen können.

1. Welche Folgen haben rassistische Äußerungen für Beamte?

Beamte haben als „Repräsentanten des Staates“ eine besondere Stellung in der Gesellschaft. Ihnen werden hoheitliche Befugnisse und ein hohes Maß an Verantwortung übertragen. Daher legt Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) fest, dass Beamte in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Sie verpflichten sich in diesem Rahmen zur sogenannten Verfassungstreue. Ihr gesamtes (inner- und außerdienstliches) Verhalten muss daher im Einklang mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes stehen.

Dies beinhaltet unter anderem:

  • Die Würde des Menschen
  • Das Demokratieprinzip (die Staatsgewalt geht vom Volk aus und wird in Wahlen und Abstimmungen durch Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und Rechtsprechung ausgeübt)
  • Das Rechtsstaatsprinzip (die Staatsgewalten sind an das Recht gebunden, wie es vom Volk bzw. seinen Vertretern gesetzt wurde)
Rassistische oder andere rechtsextremistische Äußerungen sind damit nicht vereinbar. Diese können beamten-, disziplinar- oder strafrechtliche Folgen nach sich ziehen:

Disziplinarverfahren

Gegen Beamte kann ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden. Allerdings genügt nicht allein der Vorwurf, rechtsradikal oder rassistisch zu sein. Vielmehr muss dieser Vorwurf auch nach außen deutlich werden und konkreten Einfluss auf die Ausübung der Dienstpflichten des Beamten und dessen Einstellung zur verfassungsmäßigen Ordnung haben.

Dies wird z.B. deutlich, wenn der Beamte seinen verfassungsfeindlichen Standpunkt verbreitet (z.B. in Unterhaltungen, Chats oder Foren) oder mit extremistischen Positionen am politischen Meinungskampf teilnimmt (z.B. rechtsradikale Demonstration).

Nach Einleitung des Disziplinarverfahrens untersucht der Dienstherr den Sachverhalt und der Beamte darf zum Vorwurf Stellung nehmen. Bestätigt sich der Verdacht eines Dienstvergehens, kommen grundsätzlich verschiedene Disziplinarmaßnahmen in Betracht:

Strafrechtliche Verurteilung

Neben beamtenrechtlichen Folgen drohen auch strafrechtliche Konsequenzen. Insbesondere kommen in Betracht:

Um widersprüchliche Ergebnisse zu verhindern, wird das Disziplinarverfahren grundsätzlich nach Einleitung eines Strafverfahrens ausgesetzt. Es wird dann die Entscheidung des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren abgewartet, bevor der Dienstherr handelt. Hintergrund ist auch, dass ein rechtskräftiges Strafurteil innerhalb des Disziplinarverfahrens bindende Wirkung hat. Der Dienstherr ist also grundsätzlich an die Entscheidung des Gerichts gebunden und darf nicht anders entscheiden. Allerdings gibt es Ausnahmen.

2. Was gilt für Aussagen in der Freizeit?

Aufgrund der Repräsentationsfunktion von Beamten müssen diese auch in ihrer Freizeit die Verfassung achten. Sowohl außer- als auch innerdienstliche Aktivitäten können zu Konsequenzen für das Dienstverhältnis führen.

Dennoch werden an Beamte in ihrer Freizeit geringere Anforderungen gestellt als während des Dienstes. Rassistische Äußerungen in der Freizeit müssen daher besonders gravierend sein, um schwerwiegende dienstrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen zu können.

3. Beispiele aus der Rechtsprechung

Die Einordnung, wann die Pflicht zur Verfassungstreue verletzt wird, ist nicht immer leicht. Es ist ein schmaler Grat, ab wann ein Verhalten rassistisch bzw. rechtsextremistisch oder gerade noch tragbar ist. Maßgeblich ist immer die Gesamtschau aller Umstände. Dennoch bieten diese Beispiele aus der Rechtsprechung eine erste Orientierung:
 

  • Tätowierungen eines Beamten mit nationalsozialistischem Motiv rechtfertigen unter Umständen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Die Gerichte argumentieren: Gerade eine Veränderung der Haut deutet auf eine dauerhafte und besonders intensive Überzeugung der nationalsozialistischen Vorstellung hin, die diametral zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht.
  • Das Teilen von rassistischen Nachrichten in einer WhatsApp-Gruppe (Darstellung eines dunkelhäutigen lachenden Jungen in einer Schulklasse mit dem Untertitel „LEGASTENIGGER“, Darstellung einer eine Zahnlücke zeigenden dunkelhäutigen Person mit dem Untertitel „ZAHNTECHNIGGER“ etc.) und die Verurteilung wegen Volksverhetzung rechtfertigen die Entlassung eines Beamten auf Probe, selbst wenn er sich ansonsten beanstandungsfrei verhalten hat.
  • Das öffentliche Tragen eines Siegelrings mit SS-Runen durch einen Polizeibeamten in seiner Freizeit stellt ein außerdienstliches Dienstvergehen dar, denn bei einem außenstehenden Betrachter wird der Eindruck erweckt, der Beamte bekenne sich zu den Zielen des nationalsozialistischen Regimes.
  • Die bloße Teilnahme an Konzerten und Feiern der Skinhead-Szene begründet noch keine Verletzung der Treuepflicht.
  • Das Posieren auf Fotos mit NS-Symbolen schädigt das Selbstverständnis der Bundeswehr als Teil des freiheitlich demokratischen Rechtsstaates und begründet die Entlassung eines Soldaten aus der Bundeswehr.
  • Rassistische Äußerungen eines Beamten in der Kantine im Rahmen eines Gespräches mit Mitarbeitern („Ausländer und Verbrecher gehören ausgemerzt”, „die Juden” seien an ihrem Schicksal, an ihrer Vernichtung (im Nationalsozialismus) „selbst schuld” gewesen, „die Juden” machten es doch (heute) „da unten” (mit den Palästinensern) auch nicht anders (als die Nationalsozialisten mit den Juden) „die Juden” seien „gerissen”) rechtfertigen einen Verweis und eine Gehaltskürzung des Beamten um ein Zwanzigstel auf die Dauer von 48 Monaten.
  • Die Mitgliedschaft eines Beamten in einer Partei bzw. Organisation, deren Verfassungsfeindlichkeit nicht festgestellt wurde, aber von den Verfassungsschutzbehörden als Verdachtsfall behandelt wird, hat keine beamtenrechtliche Relevanz. Etwas anderes ergibt sich, wenn der Beamte für eine Partei bzw. Organisation, die als verfassungsfeindlich eingestuft wurde, besondere Funktionsämter oder Wahlkandidaturen einnimmt.

4. Wie können sich Beamte verteidigen?

Betroffene Beamte können sich in jedem Fall im Rahmen des Disziplinarverfahrens verteidigen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Verfahren gleich vor Gericht oder zunächst nur durch den Dienstherrn durchgeführt wird (unterschiedlich je nach Rechtslage des jeweiligen Landes bzw. im Bund).

Achtung: In den meisten Fällen bleibt allerdings nicht viel Zeit, um sich gegen eine Entscheidung des Dienstherrn bzw. Disziplinargerichts zu wehren (oft nur ein Monat). Sie sollten daher möglichst frühzeitig auf einen Rechtsanwalt für Beamtenrecht zugehen.

Die meisten Dienstherren reagieren üblicherweise ausgesprochen sensibel auf rassistische oder zumindest ausländerkritische Äußerungen. In einigen Fällen lassen sich schwerwiegende Konsequenzen allerdings vermeiden.

Um die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als härtestes Mittel zu verhindern, hat die Rechtsprechung bestimmte Milderungsgründe anerkannt. Diese führen dazu, dass die Maßnahme „eine Stufe niedriger“ angesetzt wird als eigentlich vorgesehen.

Bei rassistischem oder rechtsextremistischem Verhalten wäre hierzu nötig, dass eine glaubhafte Abkehr und Distanzierung vom pflichtverletzenden Verhalten zu erkennen ist. Dann können z.B. Kürzungen der Dienstbezüge ein milderes Mittel darstellen.

Weitere Milderungsgründe sind:

  • Das Handeln als persönlichkeitsfremde Augenblickstat (anzunehmen z.B. bei einmaliger Äußerung eines sonst über viele Jahre tadellosen Beamten).
  • Wenn der Beamte das Vergehen selbst gemeldet hat oder vor Entdeckung der Tat versucht hat, den Schaden wiedergutzumachen (z.B. durch eine persönliche Entschuldigung beim Beleidigten).
  • Wenn der Beamte in einer unverschuldeten und ausweglosen Notlage befand, wodurch sein Vergehen weniger schwerwiegend erscheint (im Rahmen extremistischer Äußerungen kaum einschlägig).
Wichtig: Wenn einem Beamten eine Straftat vorgeworfen wird, so hat jede seiner Aussagen auch Bedeutung für das Disziplinarverfahren. Machen Sie daher von Ihrem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern und sich anwaltlich beraten zu lassen. Das Schweigen darf im Strafverfahren nie gegen den Beschuldigten verwendet werden darf.

5. Was gilt für Beamte auf Probe und Beamte auf Widerruf?

Beamte auf Widerruf oder Beamte auf Probe, deren Verhalten gegen die Verfassungstreue verstößt, können unter geringeren Anforderungen aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Der Grund liegt darin, dass sie sich zunächst „bewähren“ müssen, bevor sie verbeamtet werden. Ein Pflichtenverstoß gilt als der Beweis für die fehlende Bereitschaft, auch in Zukunft für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzustehen.

6. Fazit

  • Beamte müssen sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen.
  • Rassistische und rechtsextremistische Äußerungen stellen einen Verstoß gegen diese Verfassungstreue dar, der disziplinar- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
  • Als härteste Disziplinarmaßnahmen kann die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis folgen.
  • Oft kommen aber Milderungsgründe in Betracht, z.B. wenn der Beamte sich glaubhaft von dem pflichtverletzenden Verhalten distanziert.
  • Bei Beamten auf Widerruf oder in der Probezeit kann es schon früher zu schwerwiegenden Konsequenzen kommen.
  • Betroffene Beamte sollten zunächst keine Aussage gegenüber dem Dienstherrn oder der Staatsanwaltschaft machen und sich von einem spezialisierten Anwalt für Beamtenrecht beraten lassen.