Handelsvertreter haben dauerhaft die Aufgabe, für einen Unternehmer Geschäfte abzuschließen oder zumindest zu vermitteln. Sie sind dabei aber selbstständig, also nicht als Arbeitnehmer bei ihrem Auftraggeber angestellt. Deswegen sind Handelsvertreter gesetzlich besonders geschützt, etwa durch einen Ausgleichsanspruch bei Beendigung der Zusammenarbeit mit einem Unternehmen.
Dr. Ulrich Hallermann ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und berät sowohl Handelsvertreter als auch Unternehmer. Dabei bilden die Auflösung eines Handelsvertretervertrags und damit verbundene Ausgleichsansprüche den Schwerpunkt seiner Tätigkeit. Aber auch die häufig von rechtlichen Streitigkeiten geprägten Bereiche des Anspruchs auf Buchauszug, des Auskunftsanspruchs und der Wettbewerbsverbote deckt Rechtsanwalt Dr. Hallermann vollumfänglich ab. Gleiches gilt für die Vertragsgestaltung bei Sonderformen des Handelsvertreters, etwa dem Untervertreter. Seine arbeitsrechtlichen Kenntnisse ermöglichen Dr. Hallermann zudem, bei Fragestellungen rund um die oft problematische Scheinselbstständigkeit von Handelsvertretern Hilfe zu leisten.
- Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruchs
- Wann entfällt der Ausgleichsanspruch?
- Wie hoch ist der Ausgleichsanspruch?
- Der Anspruch auf Buchauszug
- Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter
- Sonderformen der Handelsvertretertätigkeit
- Scheinselbständigkeit des Handelsvertreters
Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruchs
Eine ganz wesentliche Fragestellung im Handelsvertreterrecht betrifft den Ausgleichsanspruch bei Vertragsbeendigung. Der Ausgleichsanspruch entsteht gem. § 89b HGB erst mit der Beendigung des Handelsvertretervertrags. Darüber hinaus müssen dem Unternehmen durch den Vertrag erhebliche Vorteile entstanden sein, z.B. in Form von bereits vermittelten neuen Kundenkontakten.
Im Einzelfall geht es dabei um eine Abwägung zwischen den Interessen des Unternehmers und des Handelsvertreters. Das Gesetz spricht von einer „Billigkeit“, die der Ausgleichsanspruch erfüllen muss. Das bedeutet, dass eine Auflösung des Handelsvertretervertrags ohne Ausgleichsanspruch schlichtweg ungerecht wäre.
Der Anspruch muss innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertrags gegenüber dem Auftraggeber geltend gemacht werden. Andernfalls besteht keine Möglichkeit mehr, bei Auflösung des Handelsvertretervertrags eine Ausgleichszahlung zu erhalten. Eine genaue Bezifferung in der Höhe ist noch nicht erforderlich.
Wann entfällt der Ausgleichsanspruch?
Nichtsdestotrotz bestehen nach § 89b Abs. 3 HGB einige Gründe, die den Ausgleichsanspruch entfallen lassen:
- Dazu zählt zum einen die Kündigung des Handelsvertretervertrags durch den Handelsvertreter. In diesem Fall ist der Ausgleichsanspruch fast immer ausgeschlossen, insbesondere, wenn die Kündigung aus privaten Gründen erfolgt oder der Handelsvertreter neue berufliche Herausforderungen anstrebt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Unternehmer den Handelsvertreter durch sein Verhalten zur Kündigung bewegt. Das kann zum Beispiel durch eine über längere Zeit ausbleibende Provisionszahlung geschehen.
- Ein Ausgleichsanspruch entfällt, wenn Unternehmer und Handelsvertreter vereinbaren, dass der Handelsvertreter durch einen Dritten ersetzt wird. Es besteht anschließend ein Vertragsverhältnis zwischen dem neuen Handelsvertreter und dem Auftraggeber. Der Dritte tritt also praktisch in die Stellung des Handelsvertreters.
- Zuletzt besteht kein Ausgleichsanspruch, wenn der Handelsvertreter den Unternehmer durch sein Verhalten dazu veranlasst hat, das Vertragsverhältnis zu beenden. Hierfür bilden die Gründe für die außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers einen guten Maßstab. So ist eine solche Veranlassung zum Beispiel anzunehmen, wenn der Handelsvertreter beleidigend gegenüber dem Unternehmer aufgetreten ist oder seine mangelnde Zuverlässigkeit wiederholt gezeigt hat.
Darüber hinaus hat ein Handelsvertreter aber bei einer Beendigung des Vertrags wegen Krankheit oder Alter trotzdem einen Ausgleichsanspruch.
Wie hoch ist der Ausgleichsanspruch?
Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs erfolgt zweistufig:
- In einem ersten Schritt wird ein sog. Rohausgleich bestimmt.
- Anschließend findet eine Begrenzung des Ausgleichsanspruchs durch die Ermittlung eines Höchstbetrags statt.
Maßstab für den Rohausgleich ist der Verlust an Provisionen, den der Handelsvertreter infolge der Vertragsbeendigung erlitten hat. Dies korrespondiert mit den Kosten, die der Unternehmer einsparen konnte, obwohl er die vermittelten Kontakte des Handelsvertreters (weiterhin) nutzt. Als Zeitraum für die Bemessung des Rohausgleichs werden die vergangenen zwölf Monate herangezogen. Neu hinzu gewonnene Kunden werden dabei berücksichtigt, bereits vor Tätigkeit des Handelsvertreters bestehende Kundenbeziehungen hingegen nur, wenn sich deren Umsätze mindestens verdoppelt haben.
Gleichzeitig ist eine Prognose zu treffen, wie lange der Firmeninhaber noch von den vermittelten Kontakten wird zehren können. Hierbei spielen gerade die vermittelten Güter und die Branche eine entscheidende Rolle. Zudem ist eine Art Abwanderungsquote zu bilden, die verlorene Kundschaft gegen die hinzukommende aufrechnet.
Der Höchstbetrag beruht schließlich auf einem Durchschnitt der in den zurückliegenden fünf Jahren erhaltenen Vergütungen des Handelsvertreters. Dazu zählen sämtliche Einkünfte mit Ausnahme von Zahlungen zur Deckung von Ausgaben, also etwa durch den Handelsvertreter ausgelegte Mietkosten, die der Unternehmer nun erstattet.
Der Höchstbetrag begrenzt den Rohausgleich aber lediglich nach oben. Im Verhältnis der beiden Werte ist stets der niedrigere von Relevanz und maßgeblich für die Höhe des Ausgleichsanspruchs.
Der Anspruch auf Buchauszug
Der Anspruch auf Buchauszug aus § 87c Abs. 2 HGB korrespondiert direkt mit dem Ausgleichsanspruch nach Beendigung des Handelsvertretervertrags und dem Handelsvertreter eine Übersicht über sämtliche Geschäfte, für die ihm eine Provision zusteht. Der Handelsvertreter soll so das Bestehen der Ansprüche, deren Höhe und Fälligkeit beurteilen können.
In Anbetracht der hohen Kosten, die in der Regel mit einem Buchauszug verbunden sind, wird über diesen Anspruch häufig in Verhandlungen Druck auf den Unternehmer ausgeübt.
In wenigen Ausnahmefällen kann der Firmeninhaber die Ausstellung des Buchauszugs aber verweigern. Das gilt vor allem dann, wenn er bei Anfertigung der Provisionsrechnungen bereits sämtliche Angaben darlegt, die auch Bestandteil eines Buchauszugs wären.
Wettbewerbsverbote für Handelsvertreter
Den Handelsvertreter trifft sowohl ein vertragliches als auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Ziel dieser Regelung ist vor allem, dass der Handelsvertreter die Interessen seines (ehemaligen) Auftraggebers wahrt und nicht in Konkurrenz zu diesem tritt. Wann ein solches Konkurrenzverhältnis vorliegt, kann im Einzelfall allerdings schwer zu beurteilen sein. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es dazu keine ausdrückliche Regelung im Handelsvertretervertrag gibt.
Zur Lösung dieses Problems empfiehlt sich aus Perspektive des Handelsvertreters, sich von jedem Unternehmer eine Unbedenklichkeitsbescheinigung im Hinblick auf weitere Tätigkeiten ausstellen zu lassen. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber nach § 86 Abs. 1 HGB das Recht zu, vom Handelsvertreter die Aufgabe einer kollidierenden Beschäftigung zu verlangen.
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot muss hingegen ausdrücklich zwischen Handelsvertreter und Unternehmer vereinbart werden. Allerdings ist die Zulässigkeit eines solchen Wettbewerbsverbot vielfach beschränkt; so darf sich das Verbot etwa auf maximal zwei Jahre und nur auf Produkte erstrecken, die Bestandteil des Handelsvertretervertrags waren. Andernfalls wird das Wettbewerbsverbot unwirksam.
Für die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots muss der Unternehmer dem Handelsvertreter im Gegenzug eine angemessene Entschädigung („Karenzentschädigung“) zahlen. So soll der Verlust des Handelsvertreters, der sich aus dem Wettbewerbsverbot ergibt, möglichst ausgeglichen werden.
Sonderformen der Handelsvertretertätigkeit
Darüber hinaus berate ich Sie bei sämtlichen Fragestellungen rund um Sonderformen der Handelsvertretertätigkeit, wie insbesondere der
- Handelsvertreter im Nebenberuf
- Untervertreter sowie der
- Versicherungs- und Bausparkassenvertreter
Ferner unterstütze ich Sie bei einer Bestimmung oder notwendigen Abgrenzung Ihrer Tätigkeit von derjenigen eines Handelsvertreters, etwa im Falle des Franchisings oder des Kommissionärs.
Scheinselbständigkeit des Handelsvertreters
Handelsvertreter laufen immer wieder Gefahr, einer scheinselbständigen Tätigkeit nachzugehen. Das ist insbesondere der Fall, wenn eine persönliche Abhängigkeit des Handelsvertreters vom Auftraggeber besteht und der Handelsvertreter dessen Weisungen unterliegt.
Wann die Gefahr einer Scheinselbständigkeit besteht, kann im Einzelfall schwer zu beurteilen sein. Bei der Beantwortung dieser heiklen Frage können aber Indizien helfen. Dazu zählen etwa das unternehmerische Risiko, die Anmeldung eines Gewerbes sowie ein eigener Geschäftssitz des Handelsvertreters.