Abmahnung und Kündigung wegen Mobbing

Mobbing am Arbeitsplatz ruiniert das Betriebsklima. Was auf den ersten Blick noch als Scherz aufgefasst wird, kann bei näherem Hinsehen schon Mobbing sein. Häufig stellt sich dann die Frage, wann der Arbeitgeber den Mobber entlassen oder der Betroffene selbst kündigen kann.

1. Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?

Zwischenmenschliche Auseinandersetzungen und Probleme am Arbeitsplatz kommen häufig vor. Aber nicht jeder Konflikt unter Kollegen lässt sich gleich als Mobbing am Arbeitsplatz einstufen.

Mobbing im rechtlichen Sinne meint ein systematisches Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren unter Arbeitskollegen oder durch den Vorgesetzten selbst.

Systematisch bedeutet hier, dass mehrere Mobbinghandlungen in einem Zusammenhang stehen. Einzelne Anfeindungen stellen also kein Mobbing dar.

Wichtig ist, dass das systematische Verhalten oft und über einen längeren Zeitraum auftritt.

Um festzustellen, ob von Mobbing die Rede sein kann, wird immer das gesamte Verhalten und die Situation am Arbeitsplatz in die Bewertung miteinbezogen. Eine klare Abgrenzung gestaltet sich in der Praxis oft als schwierig.

Die folgenden Beispiele können daher allenfalls in einer Gesamtschau, nicht aber einzeln pauschal als Mobbing einzustufen sein.

Beispiele:

  • Anzügliche Witze
  • Ignorieren eines Arbeitskollegen
  • Beendigung von Gesprächen, wenn der Arbeitskollege den Raum betritt
  • Vorenthalten von Informationen
  • Sabotage von Arbeitsergebnissen
  • Vorführen und Herabwürdigen

Gegenbeispiele:

  • Berechtigte Kritik an der Arbeitsweise
  • Einzelne verweigerte Hilfestellungen
  • Unhöflichkeiten

2. Verhalten des Arbeitgebers kann auch Mobbing sein

Mobbing kommt nicht nur unter den Arbeitskollegen vor. Geht das Mobbing vom Vorgesetzten aus, wird vom „Bossing“ gesprochen. Gerade hier ist die Abgrenzung zu Verhaltensweisen schwierig, die dem Arbeitgeber noch erlaubt sind.
Beispiele:

  • Gewöhnliche Kritiksituationen am Arbeitsplatz
  • Arbeitsrechtlich zulässige und gebotene Maßnahmen wie eine Abmahnung oder Versetzung

In Fällen des Bossings muss der Arbeitnehmer meist beweisen, dass die Anweisungen des Arbeitgebers nicht der Sache dienen, sondern primär die Herabwürdigung oder Anfeindung zum Ziel haben. Hier hilft oft ein Vergleich zu anderen Arbeitnehmern.

3. Wie muss der Arbeitgeber sich bei Mobbing verhalten?

Der Arbeitgeber muss grundsätzlich sämtliche Maßnahmen ergreifen, um seine Mitarbeiter vor Mobbing zu schützen. Er ist dazu verpflichtet, Mobbing aktiv zu verhindern.

In letzter Konsequenz muss der Arbeitgeber daher unter Umständen das Arbeitsverhältnis mit mobbenden Arbeitnehmern kündigen. Dies wird zumeist auch in seinem Interesse sein, um sich das Verhalten des Mobbers nicht länger zurechnen lassen zu müssen.

Unter anderem kommen folgende Maßnahmen je nach Gewicht und Dauer der Vorwürfe in Betracht:

  • Ermittlung des Sachverhalts durch Befragung anderer Mitarbeiter
  • Einberufen der Beteiligten / des Mobbenden zum klärenden und mahnenden
  • Gespräch
  • Abmahnung des Mobbenden
  • Versetzung des Mobbenden
  • Angebot an Gemobbten, auf anderer Stelle zu arbeiten
  • Kündigung des Mobbenden

4. Wann darf der Arbeitgeber den Mobber kündigen?

Das Mobben der Arbeitskollegen stellt eine schwere Verletzung des Arbeitsvertrags dar. Die Arbeitnehmer müssen das Betriebsklima fördern. Durch das Mobbing wird aber gerade das Gegenteil erreicht.

Ordentliche Kündigung

In Betracht kommt zunächst eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung. Diese beendet das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist. In der Regel muss der Arbeitgeber aber zuvor eine oder mehrere Abmahnungen wegen der Mobbinghandlungen aussprechen. Dadurch soll dem Mobbenden die Chance gegeben werden, sein Verhalten in der Zukunft zu ändern.

Außerordentliche (fristlose) Kündigung

In besonders schweren Mobbingfällen kann der Arbeitgeber eine außerordentliche fristlose Kündigung gegenüber dem Mobber aussprechen. Damit wird das Arbeitsverhältnis sofort aufgelöst. Dazu ist der Arbeitgeber beispielsweise berechtigt, wenn Mitarbeiter schwer beleidigt werden oder die Gesundheit in besonders schwerwiegender Weise gefährdet wird.

Wichtig: Der Arbeitgeber kann eine fristlose außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnisnahme des Kündigungsgrundes erklären. Das Mobbing muss aber über einen längeren Zeitraum erfolgen, damit es systematisch ist. Die Frist beginnt in diesem Fall mit der Kenntnis des letzten Ereignisses, das den Kündigungsentschluss ausgelöst hat.
Übrigens: In Betrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern sowie während der Probezeit ist die Kündigung (wegen Mobbing) deutlich leichter möglich. Der Arbeitgeber benötigt hier keinen Kündigungsgrund.

5. Betroffene können selbst wegen Mobbing kündigen

Wenn Arbeitnehmer von Mobbing am Arbeitsplatz betroffen sind und klärende Gespräche keine zufriedenstellende Lösung bieten, kann sich ein Jobwechsel anbieten.

Ordentliche Kündigung

Arbeitnehmer haben grundsätzlich jederzeit die Möglichkeit, ohne Angabe eines Grundes zu kündigen. Dazu müssen sie ihre Kündigungsfrist einhalten. Bis diese abgelaufen ist, bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen und sie müssen weiterhin zur Arbeit gehen. Die Dauer der Kündigungsfrist ist in der Regel im Arbeitsvertrag geregelt. Wurde nichts vereinbart, beträgt die Kündigungsfrist grundsätzlich vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende.

Außerordentliche (fristlose) Kündigung

Möchten Arbeitnehmer den Betrieb sofort verlassen, können sie über eine außerordentliche fristlose Eigenkündigung nachdenken. Dafür muss allerdings ein sog. wichtiger Grund vorliegen.

Hier gilt dasselbe wie bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber: Es muss sich um einen besonders schweren Mobbingfall handeln.

Dabei kommt es primär auf das Verhalten des Arbeitgebers an, nicht auf den Mobbenden. Im Falle des Bossings ist eine fristlose Kündigung daher recht schnell möglich. Beim Mobbing durch einen Kollegen ist entscheidend, ob der Arbeitgeber hinreichend gegen die Anfeindungen vorgeht. Ist dies nicht der Fall, sollten Arbeitnehmer vor einer fristlosen Kündigung in der Regel erst einmal zur Abmahnung greifen. Denn auch Arbeitnehmer dürfen ihren Arbeitgeber abmahnen, nicht nur umgekehrt. Betroffene sollten in dem Schreiben zum Ausdruck bringen, mit welchem Verhalten (bzw. Unterlassen) genau der Arbeitgeber gegen seine Pflichten verstößt und die fristlose Kündigung androhen.

Eine fristlose Kündigung können auch Arbeitnehmer nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen erklären. Diese beginnt, nachdem der Betroffene von den Umständen erfahren hat (also in der Regel im Zeitpunkt der Mobbinghandlung). Da das Mobbing allerdings meistens über einen längeren Zeitpunkt erfolgt, kann es unter Umständen schwierig sein, den genauen Zeitpunkt zu bestimmen.

Eine fristlose Kündigung sollte gut durchdacht sein, da ab Zugang des Schreibens kein Lohnanspruch mehr besteht.
Gut zu wissen: Durch die Mobbingsituation befinden sich Arbeitnehmer in einer guten Verhandlungsposition. Es kann sich daher anbieten, mit dem Arbeitgeber über eine Abfindung zu verhandeln, wenn in erster Linie er sich vom Gemobbten trennen möchte. Dies kann z.B. im Rahmen eines Aufhebungsvertrags geschehen. Dabei sind allerdings einige rechtliche Fallstricke zu beachten, weshalb sich die Beratung durch einen Anwalt für Arbeitsrecht lohnt.

6. Welche Rechte stehen vom Mobbing betroffenen Personen zu?

Arbeitnehmer müssen das Mobbing ihrer Kollegen oder Vorgesetzten nicht dulden. Sie haben zahlreiche Rechte:

  • Ihnen steht ein Anspruch auf Unterlassung zu, der gerichtlich durchgesetzt werden kann.
  • Hat der Betrieb einen Betriebsrat oder Personalrat? Dann können Betroffene auch dort eine Beschwerde einreichen.
  • Wird durch das Mobbing die Gesundheit oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt, haben Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Mobbenden und ggf. dem Arbeitgeber (z.B. auf Schmerzensgeld).
  • Wenn der Arbeitgeber nichts gegen das Mobbing unternimmt, obwohl er dazu in der Lage wäre, brauchen Arbeitnehmer sogar nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen (sog. Zurückbehaltungsrecht). Dazu muss dem Arbeitgeber mitgeteilt werden, aus welchem Grund die Arbeitsleistung zurückgehalten wird. Der Arbeitnehmer muss dann trotzdem seinen normalen Lohn bekommen. Vorher sollten Betroffene aber unbedingt Rücksprache mit ihrem Anwalt halten.
  • Handelt es sich bei dem Mobbing um Straftaten (Beleidigungsdelikte, Körperverletzung,…), können Betroffenen eine Strafanzeige erstatten.

7. Fazit

  • Mobbing im rechtlichen Sinne ist ein systematisches Verhalten in Form von Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren. Mobbing kann zwischen Arbeitskollegen stattfinden, aber auch vom Vorgesetzten ausgehen.
  • Den Arbeitgeber treffen Schutzpflichten gegenüber der Belegschaft. Er ist dazu verpflichtet, in Mobbingfällen Maßnahmen zu ergreifen.
  • Der Arbeitgeber kann den Mobber kündigen, wenn eine vorherige Abmahnung keine Verbesserung bringt. In schweren Fällen kann auch eine außerordentliche fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung erklärt werden.
  • Eine ordentliche Kündigung durch den Betroffenen ist ohne Angabe von Gründen möglich. Allerdings ist die Kündigungsfrist einzuhalten. In schweren Fällen können Arbeitnehmer den Betrieb durch eine fristlose Eigenkündigung sofort verlassen.
  • Betroffenen stehen außerdem Unterlassungsansprüche und Schadensersatzansprüche zu. Außerdem können Sie beim Betriebsrat eine Beschwerde einreichen und bei Straftaten eine Strafanzeige erstatten. Ggf. dürfen sie die Arbeit niederlegen.