So bringen Sie überlange Disziplinarverfahren zum Abschluss

Disziplinarverfahren sollen eigentlich möglichst schnell bearbeitet und nach sechs Monaten abgeschlossen sein. Doch die Realität sieht oftmals anders aus. In diesem Beitrag erläutere ich, wie Beamte in einer solchen Situation vorgehen sollten.

1. Wie lange dauert ein Disziplinarverfahren?

Disziplinarverfahren sind für Beamte eine schwere Belastung und daher beschleunigt durchzuführen, § 4 Bundesdisziplinargesetz (kurz BDG). Diesem edlen gesetzlichen Motiv wird die Praxis häufig nicht gerecht. Verfahren über mehrere Jahre ohne nennenswerten Fortgang sind keine Seltenheit.

Beispiel: Der Beamte wird im Jahre 2020 der Korruption bezichtigt. Das Disziplinarverfahren zieht sich über das ganze Jahr 2021 und es erfolgt gelegentlich die Vernehmung von Bediensteten ohne erkennbaren roten Faden. Auch im Jahre 2022 dauert das Disziplinarverfahren noch an. Ein Ende ist nicht absehbar.

Einen legitimen Grund für derart lange Verfahren gibt es in der Regel nicht. Vielmehr soll das Disziplinarverfahren innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden, § 62 I BDG.

Längere Verfahrenslaufzeiten resultieren meist daraus, dass der Ermittlungsführer das Disziplinarverfahren nur nebenher führt und keine Zeit für eine zeitnahe Bearbeitung hat. Dies ist jedoch kein ausreichender Entschuldigungsgrund, die Behörde muss den Ermittlungsführer mit den erforderlichen Ressourcen ausstatten.

2. Was kann man gegen überlange Disziplinarverfahren tun?

Gemäß § 62 Abs. 1 BDG kann der Beamte beim Verwaltungsgericht die Bestimmung einer Frist zum Abschluss des Disziplinarverfahrens beantragen. Der Antrag kann aber erst gestellt werden, wenn das behördliche Disziplinarverfahren nicht innerhalb von sechs Monaten seit Einleitung durch Einstellung, durch Erlass einer Disziplinarverfügung oder durch Erhebung der Disziplinarklage abgeschlossen worden ist.

Weitere Voraussetzung ist, dass es für die Verzögerung keine legitime Entschuldigung des Dienstherrn gibt. Das kann z.B. der Fall sein, wenn ein Sachverständigengutachten noch nicht erstellt werden konnte oder weitere Zeugen zu vernehmen sind. Entscheidend ist der Verlauf des Disziplinarverfahrens nach der Verwaltungsakte. Das Verwaltungsgericht ist bei seiner Prüfung streng. Ist ein “Bummeln” offensichtlich und lässt sich kein Grund für die Verzögerung erkennen, wird für den Abschluss des Verfahrens eine Frist von wenigen Wochen gesetzt.

Beispiel: Wie oben. Ein Grund für die verzögerte Bearbeitung ist nicht zu erkennen. Das Verwaltungsgericht entscheidet, dass das Disziplinarverfahren innerhalb von zwei Monaten zum Abschluss zu bringen ist.

3. Was passiert, wenn der Dienstherr trotz Fristsetzung das Disziplinarverfahren nicht rechtzeitig abschließt?

Beendet der Dienstherr das Disziplinarverfahren nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist, wird das Disziplinarverfahren durch Beschluss des Gerichts eingestellt und es wird keine Disziplinarmaßnahme gegen den Beamten verhängt. Dem Dienstherrn wird vom Gericht als letzter Notnagel nur dann eine weitere Fristverlängerung gewährt, wenn er die weitere Verzögerung gem. § 53 Abs. 2 S. 3 BDG nicht zu verschulden hat. Das ist z.B. denkbar, wenn sich aufgrund von Zeugenaussagen neue Sachverhalte ergeben, die weiter ermittelt werden müssen.

Beispiel: Wie oben. Das Disziplinarverfahren wird auch nach zwei weiteren Monaten nicht zum Abschluss gebracht. Das Disziplinarverfahren wird selbst dann eingestellt, wenn der Beamte in der Realität Korruption begangen haben sollte.
Abwandlung: Innerhalb der zwei Monate ermittelt der Dienstherr einen Zeugen, der den Beamten nachvollziehbar der Korruption beschuldigt und benennt mehrere weitere Zeugen, die nach Ablauf der Frist vernommen werden sollen. Die Verzögerung ist ausreichend entschuldigt, das Disziplinarverfahren wird nicht eingestellt.

4. Kann es für das Gericht auch Gründe geben, dem Dienstherren keine Frist zu setzen und den Antrag des Beamten abzulehnen?

Der Antrag kann erst sechs Monate nach Einleitung des Disziplinarverfahrens gestellt werden. Nach dem Gesetzeswortlaut ist dies die Mindestbearbeitungszeit, die dem Dienstherrn gewährt wird. Aber auch wenn das Disziplinarverfahren bereits läuft, kann die lange Bearbeitungszeit gerechtfertigt sein, wenn die Akte umfangreich bearbeitet wird und regelmäßige Ermittlungen z.B. im Rahmen von Zeugenvernehmungen stattfinden.

Beispiel: Wie oben. Der Dienstherr hat zu fehlenden Kassenbeständen ein umfangreiches Sachverständigengutachten angefordert, das trotz zügiger Bearbeitung noch nicht vorliegt. Die Verzögerung ist ausreichend entschuldigt, eine Fristsetzung durch das Gericht kommt nicht in Betracht.

5. Wann sollte der Beamte keine Fristsetzung beantragen?

Je länger das Disziplinarverfahren läuft, desto schwieriger wird die Ermittlung des Sachverhaltes und desto unwahrscheinlicher wird zumindest die Verhängung einer schweren Disziplinarmaßnahme wie die Kürzung der Dienstbezüge. Zu erwägen ist daher, keinen Antrag zu stellen und das Disziplinarverfahren einfach auszusitzen. Beamte zahlen insoweit aber einen Preis, da das Damoklesschwert Disziplinarverfahren weiter über Ihnen hängt.

Sofern der Sachverhalt weitestgehend ausermittelt ist und die Akten vollständig sind, wird eine zeitliche Verzögerung dem Beamten kaum Vorteile bringen. In der Regel ist ein zeitnaher Abschluss meistens sowohl im Interesse des Beamten als auch des Dienstherrn, da die Akte im Laufe der Zeit nur dicker, aber die neuen Erkenntnisse eher geringer werden.

6. Fazit

  1. Disziplinarverfahren sind für Beamte eine schwere Belastung und daher beschleunigt durchzuführen. Disziplinarverfahren sollen in der Regel innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden.
  2. Der Beamte kann beim Verwaltungsgericht die Bestimmung einer Frist zum Abschluss von überlangen Disziplinarverfahren beantragen. Von wenigen Einzelfällen abgesehen ist ein solcher Schritt bei Überlängen zielführend.
  3. Beendet der Dienstherr das Disziplinarverfahren nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist, wird das Disziplinarverfahren grundsätzlich durch Beschluss des Gerichts eingestellt und es wird keine Disziplinarmaßnahme gegen den Beamten verhängt.