Auszug aus der Entscheidung:
„Aufgrund von Zeugenvernehmungen im Rahmen der disziplinarrechtlichen Ermittlungen ergab sich zudem der Verdacht eines äußerst distanzlosen Verhaltens (Liebesbeziehung und eine auch sexuell ausgerichtete Beziehung) gegenüber dem seinerzeit minderjährigen Schüler in den Jahren 1983 bis ca. 1984, weshalb das Disziplinarverfahren am 30. August 2016, zugestellt am 1. September 2016, um diesen Vorwurf gemäß § 19 Abs. 1 LDG NRW ausgedehnt wurde.
Der Kläger hat am 4. November 2019 Disziplinarklage erhoben. Er wirft der Beklagten vor, im Lehrerin-Schüler-Verhältnis sowohl mit dem Zeugen G. S3. wie auch später zum Schüler B2. L1. eine Liebesbeziehung unterhalten zu haben.
Für das festgestellte Dienstvergehen hält die Disziplinarkammer nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Gesichtspunkte die Verhängung der Höchstmaßnahme für Ruhestandsbeamtinnen, die Aberkennung des Ruhegehaltes, für zwingend geboten.
a) Ist aufgrund des Fehlverhaltens der Beklagten das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und ihrem Dienstherrn endgültig zerstört, ist die lange Dauer des vorliegend Ende Mai 0000 eingeleiteten Disziplinarverfahrens für die Maßnahmebemessung ohne Bedeutung. Liegen die Voraussetzungen für eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis vor, so kommt eine Milderung wegen der Dauer des Disziplinarverfahrens nicht in Betracht.
b) An dem endgültigen Vertrauensverlust, den die Beklagte durch ihr Fehlverhalten herbeigeführt hat, vermag ebenso ein langes Zurückliegen des Dienstvergehens nichts zu ändern. Das verlorene Vertrauen kann auch nicht durch Zeitablauf wiederhergestellt werden. Diesen Unterschied hat der Gesetzgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er in § 15 LDG O. die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts im Gegensatz zu allen anderen Disziplinarmaßnahmen vom Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs ausgenommen hat.
Die Versetzung der Beklagten in den Ruhestand rechtfertigt ebenfalls kein Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Versetzung einer Beamtin in den Ruhestand die Ausübung der Disziplinarbefugnis nicht beeinträchtigt. Denn auch Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte verfolgen den Zweck, die Integrität des Berufsbeamtentums zu wahren und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen. Es wären Rückwirkungen auf das Vertrauen in die Integrität der Beamtenschaft zu erwarten, wenn eine Ruhestandsbeamtin trotz eines erheblichen, während ihrer aktiven Dienstzeit begangenen Dienstvergehens, durch das sie das Vertrauen in ihre Zuverlässigkeit zerstört hat, weiterhin ihr Ruhegehalt beziehen könnte und berechtigt bliebe, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem früheren Amt verliehenen Titel zu führen. Auch gebietet der Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, dass eine Beamtin, die nach Begehung einer schwerwiegenden Verfehlung in den Ruhestand tritt, nicht besser gestellt werden darf als eine Beamtin, die bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt. Auf diese Weise wird die Disziplinarmaßnahme nicht von dem mehr oder weniger zufälligen oder gar gesteuerten Ausscheiden aus dem aktiven Dienst abhängig gemacht.“