Rechtsanwalt Dr. Ulrich Hallermann ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und berät Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Worms und Mainz umfassend zum Thema Abfindung. Eine Abfindung ist eine Geldzahlung vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt.

In weiten Teilen der Bevölkerung hält sich hartnäckig das Gerücht, dass bei jeder Kündigung eine Abfindung zu zahlen sei. Einen allgemeinen Anspruch auf Abfindung gibt es im Arbeitsrecht jedoch tatsächlich nicht. Nur unter bestimmten Voraussetzungen können Arbeitnehmer nach einer Kündigung oder anderweitigen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhalten. Manchmal bietet der Arbeitgeber sie freiwillig an. In bestimmten Fällen hat der Arbeitnehmer auch einen Anspruch auf eine Abfindung.

Freiwillige und vertraglich vereinbarte Abfindungszahlungen

Arbeitgeber können in den meisten Fällen frei darüber entscheiden, ob sie einem gekündigten Mitarbeiter eine Abfindung zahlen wollen. In der Praxis tun sie dies tatsächlich relativ häufig. Der Vorteil für den Arbeitgeber liegt schlicht darin, dass für den Arbeitnehmer durch die Aussicht auf eine attraktive Abfindung der Anreiz gesetzt werden kann, auf eine Klage gegen seine Kündigung zu verzichten. Kündigungsschutzklagen können den Arbeitgeber im Endeffekt mitunter deutlich teurer zu stehen kommen als eine freiwillige Geldzahlung.

Eine Abfindungsregelung kann entweder schon im Arbeitsvertrag enthalten sein, im Kündigungsschreiben in Aussicht gestellt oder vom Arbeitgeber im Rahmen eines Aufhebungsvertrages angeboten werden.

Speziell im letzten Fall sollten Arbeitnehmer jedoch wissen, dass die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags zu Sperren beim Arbeitslosengeld  führen kann!  Arbeitnehmern wird von der Arbeitsagentur in diesem Zusammenhang häufig vorgeworfen, ihre Stelle freiwillig aufgegeben zu haben. Unter Umständen profitieren sie dann im Endeffekt nicht von der scheinbar großzügigen Abfindung, sondern erleiden empfindliche Einbußen beim Bezug des Arbeitslosengeldes I.

Auch in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen können Abfindungsregelungen getroffen werden. Ist dies der Fall erhält der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Abfindung.

Anspruch auf Abfindung durch betriebliche Übung

Ein Anspruch auf Abfindung kann sich auch aufgrund von betrieblicher Übung ergeben. Gemeint ist damit folgendes: Hat ein Arbeitgeber seinen ausscheidenden Mitarbeitern in der Vergangenheit üblicherweise stets Abfindungen gezahlt, so darf er einzelne Arbeitnehmer nicht schlechter behandeln. Eine solche willkürliche Ungleichbehandlung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unzulässig. Der betroffene Mitarbeiter kann sich auf dem Klageweg wehren.

Arbeitgebern ist aus diesem Grunde dazu zu raten, Abfindungen stets nur unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit zu leisten. So können sie verhindern, dass eine betriebliche Übung entsteht, aus der Arbeitnehmer später Ansprüche herleiten können.

Anspruch auf Abfindung nach dem Kündigungsschutz-Gesetz

Auch Arbeitnehmer, die unter das Kündigungsschutzgesetz fallen, können unter bestimmten Voraussetzungen einen zwingenden Anspruch auf eine Abfindung haben. Dies ist bei ordentlichen betriebsbedingten Kündigungen möglich.

Wie bereits erwähnt, werden Abfindungen mitunter direkt im Kündigungsscheiben freiwillig angeboten. Hier kommt es nun auf die genaue Formulierung an: Erklärt der Arbeitgeber in dem Schreiben, dass er dem Mitarbeiter eine Abfindung nach § 1a des KSchG zahlen werde, wenn dieser auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet, so muss er sich hierfür beim Wort nehmen lassen. Und dies, obwohl er die Abfindung ja freiwillig angeboten hat! Der Arbeitnehmer erhält dann nach § 1a des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) einen gesetzlichen Anspruch auf die zugesagte Abfindung – und zwar in Höhe von 0,5 Brutto-Monatseinkommen je Beschäftigungsjahr. Dieser Sonderfall eines gesetzlichen Anspruchs auf Abfindung greift aber nur wenn:

  • der Mitarbeiter unter das KSchG fällt
  • ihm ordentlich, fristgerecht betriebsbedingt gekündigt wird
  • in der Kündigung eine Abfindung versprochen wird, wenn er nicht klagt
  • der Mitarbeiter die Klagfrist verstreichen lässt

Abfindung im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses

Aber auch, wer eine Kündigungsschutzklage erhebt, kann auf diesem Weg zu einer Abfindung kommen. Entweder im Rahmen eines Vergleichs oder durch Gerichtsurteil.

Arbeitgeber haben in der Regel kein Interesse an langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen. Die Chancen, den Rechtstreit durch einen Vergleich beizulegen, sind deshalb gut. Gekündigte können so oft ansehnliche Abfindungssummen durchsetzen.

Doch auch, wenn man sich nicht einigt, kann eine Abfindung winken. Gewinnt der Arbeitnehmer den Prozess, war die Kündigung also unzulässig, ist das Verhältnis der Parteien mitunter inzwischen so zerrüttet, dass an eine konstruktive Zusammenarbeit gar nicht mehr zu denken ist. Ist es dem Arbeitnehmer einfach nicht mehr zuzumuten, im Betrieb zu bleiben, so kann das Gericht das Arbeitsverhältnis auflösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen, der Höhe nach bis zu 12 Monatsgehältern, bei älteren Mitarbeitern bis zu 18.

Was Arbeitnehmer und Arbeitgeber beachten sollten

Eine Abfindung nach § 1 a KSchG – wenn sie denn angeboten wird – sollten insbesondere Arbeitnehmer akzeptieren, bei denen eine Kündigungsschutzklage weniger Aussicht auf Erfolg verspricht. Wer dagegen gute Chancen hat, einen Kündigungsschutzprozess zu gewinnen, der kann oft eine höhere Abfindung erzielen, wenn er klagt und der Prozess durch einen Vergleich beendet wird.

Gegenüber einer im Rahmen eines Aufhebungsvertrages angebotenen Abfindung ist diejenige nach § 1 a KSchG wiederum oft vorteilhafter. Der Grund: Bei ihr hat der Arbeitnehmer keine Sperre des Arbeitslosengeldes I zu befürchten, wie sie ihm bei der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages drohen kann.

Arbeitgebern kann dazu geraten werden, einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungsklausel oder ein Angebot nach § 1 a KSchG zu nutzen, um lange und teure Kündigungsschutzprozesse zu vermeiden. Dies gilt insbesondere gegenüber Arbeitnehmern, die sich voraussichtlich erfolgreich gegen eine Kündigung wehren oder hohe Abfindungen durchsetzen können, etwa aufgrund ihres Alters, der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit usw.

Ich berate Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Angebot, zur Annahme und zur Aushandlung von Abfindungen in allen denkbaren Konstellationen; vom Aufhebungsvertrag bis zum gerichtlichen Vergleich. Arbeitnehmern erläutere ich auch, wie sich bei der Abfindung Einkommenssteuer sparen lässt. Durch die so genannte Fünftelregel, zum Beispiel, kann sie bei der Steuerberechnung auf fünf Jahre verteilt werden.