Nicht jedes Arbeitsverhältnis richtet sich ausschließlich nach einem individuell abgeschlossen Einzel-Arbeitsvertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Im öffentlichen Dienst kommen daneben so genannte Tarifverträge zum Einsatz. Sie werden für eine Vielzahl von Arbeitnehmern und für einen bestimmten Zeitraum geschlossen.

Dr. Ulrich Hallermann ist als Fachanwalt für Arbeitsrecht tätig und berät zum Thema Tarifvertrag und Tarifrecht (insbesondere Tarifbindung)

Im öffentlichen Dienst kann sich z.B. die Frage stellen, ob die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes auf private Tochterunternehmen anwendbar sind.

Hierbei sind im Vorfeld unterschiedliche Fragen zu klären.

Abschluss von Tarifverträgen

Parteien eines Tarifvertrages sind üblicherweise eine Gewerkschaft auf der einen und ein Arbeitgeber auf der Gegenseite. Aber auch Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und Arbeitgebern (Spitzenorganisationen) können Tarifverträge schließen.

Sind in einem Betrieb mehrere Gewerkschaften vertreten, die unabhängig voneinander Verhandlungen aufnehmen, so gilt der von der mitgliederstärksten Gewerkschaft ausgehandelte Tarifvertrag. Das bestimmt das Tarifeinheitsgesetz. Ausnahmen hiervon gelten nur, falls die Interessen der kleineren Gewerkschaft im Tarifvertrag nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Bis Ende 2018 muss allerdings ein neues Gesetz erlassen werden, durch das ausgeschlossen wird, dass im Zusammenhang mit der Tarifeinheit die Interessen einzelner Berufsgruppen vernachlässigt werden.

Voraussetzung für den Abschluss eines Tarifvertrages ist stets, dass die jeweiligen Verhandlungspartner auch tariffähig sind. Betriebsräte oder lose Zusammenschlüsse von Arbeitnehmern, die sich z.B. spontan bilden, um Gehaltsverhandlungen zu führen, sind dies nicht.

Gewerkschaften sind tariffähig, wenn sie

  • auf Dauer angelegt sind
  • freiwillig ohne staatlichen Einfluss gebildet wurden
  • gegnerfrei, d.h. vom Arbeitgeber unabhängig sind
  • ausreichend mächtig, durchsetzungsfähig und zum Arbeitskämpf fähig sind
  • laut ihrer Satzung Tarifverträge schließen dürfen, tarifzuständig und tarifwillig sind.

Arten von Tarifverträgen

Man unterscheidet bestimmte Arten von Tarifverträgen. Dazu gehören insbesondere folgende:

  • Ein Vergütungstarifvertrag regelt nur das Gehalt über eine vereinbarte Laufzeit.
  • Ein Rahmen- oder Manteltarifvertrag regelt die Arbeitsverhältnisse langfristiger und vor allem umfassender. In ihm können z.B. auch Arbeitszeiten, Probezeiten usw. festgelegt werden.
  • Ein Flächen- oder Branchentarifvertrag wird für eine gesamte Branche (z.B. Metallindustrie) in einem bestimmten Tarifgebiet (z.B. Pfalz) geschlossen.
  • Ein Verbandstarifvertrag wird nicht nur mit einem Arbeitgeber, sondern mit einem Arbeitgeberverband ausgehandelt und gilt für alle diesem angehörenden Unternehmen.
  • Einen Haus-, Firmen- oder Konzerntarifvertrag schließt eine Gewerkschaft mit einem einzelnen Inhaber als Arbeitgeber.
  • Im Öffentlichen Dienst gelten spezielle Tarifverträge, insbesondere der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD).

Zweck und Inhalt von Tarifverträgen

Tarifverträge enthalten zwar in der Regel zahlreiche Vereinbarungen zugunsten der Arbeitnehmer und sollen deren Stellung gegenüber dem Arbeitgeber verbessern. Doch auch für Arbeitgeber kann der Abschluss eines Tarifvertrages durchaus Vorteile mit sich bringen. Gerade im Verhältnis zu starken Gewerkschaften geben sie auch ihnen einen gewissen Schutz. Solange der Tarifvertrag läuft, müssen Arbeitgeber aufgrund der so genannten relativen Friedenspflicht z.B. kaum Streiks fürchten. Zulässig sind dann nur Arbeitskämpfe, die auf die Durchsetzung von Vereinbarungen zu solchen Fragen abzielen, die tarifvertraglich bisher noch nicht geregelt sind.

Inhaltlich legen Tarifverträge laut Tarifvertragsgesetz (TVG) die Rech­te und Pflich­ten der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en fest. Hierzu enthalten sie Vereinbarungen, durch die Inhalt, Abschluss und Beendigung des Arbeitsverhältnisses (insbes. Kündigungsvoraussetzungen) sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheiten festgeschrieben werden. Auch Arbeitszeitregelungen, Urlaubsansprüche und Gehälter werden oft tarifvertraglich geregelt.

Manche Tarifverträge legen die Gehälter anhand von so genannten Eingruppierungen fest. Das ist insbesondere im öffentlichen Dienst der Fall, aber z.B. auch in der Metallindustrie. Über die korrekte Eingruppierung kommt es unter Arbeitnehmern und Arbeitgeber häufig zum Streit.

Die Eingruppierung in Entgeltgruppen hängt zumeist von Ausbildung und Aufgabenbereichen des Arbeitnehmers/den Anforderungsmerkmalen der jeweiligen Stelle ab. Nach dem Entgeltrahmenvertrag der Metall- und Elektroindustrie (ERA) erfolgt in der Pfalz zum Beispiel eine Einstufung in eine von 11 Entgeltgruppen (Grundentgelt und Zusatzstufe). Fachwissen und Erfahrungen fließen in die Eingruppierung ebenso ein wie Entscheidungsbefugnisse und Verantwortung, die Wahrnehmung von Führungsaufgaben oder Kooperations- und Kommunikationserfordernisse der Stelle.

Wenn Sie glauben, zu niedrig eingruppiert worden zu sein, können Sie eine Höhergruppierung beantragen. Ich prüfe Ihre Eingruppierung für Sie. Falls Ihre Höhergruppierung abgelehnt wird, erhebe ich auch eine Eingruppierungs-Feststellungsklage.

Tarifbindung: Unmittelbar, durch Bezugnahme oder Allgemeinverbindlicherklärung

Ob ein Arbeitnehmer oder Arbeitgeber durch einen bestimmten Tarifvertrag gebunden ist, hängt von unterschiedlichen Umständen ab. Wer einen neuen Arbeitsvertrag abschließt, der sollte sich stets darüber informieren, ob für ihn auch ein bestimmter Tarifvertrag gilt.

  • Der Tarifvertrag gilt unmittelbar für alle, die Mitglied der Gewerkschaft/des Arbeitgeberverbandes sind, die den Vertrag ausgehandelt haben. Auch im Falle eines Austritts gilt der Tarifvertrag für sie bis zum Laufzeitende weiter.
  • Für Nicht-Mitglieder in Gewerkschaft bzw. Arbeitgeberverband kann ein Tarifvertrag dann gelten, wenn in zwischen ihnen geschlossenen Arbeitsverträgen auf ihn Bezug genommen wird.
  • Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, dass das Bundesministerium für Arbeit einen Tarifvertrag für all­ge­mein­ver­bind­lich erklärt. Er gilt dann nicht nur für Mitglieder der Gewerkschaft/des Arbeitgeberverbandes, die ihn geschlossen haben, sondern auch für Nichtmitglieder. Voraussetzung der Allgemeinverbindlicherklärung ist, dass diese im öffentlichen Interesse liegt, z.B. in einer bestimmten Branche für einheitliche Bedingungen sorgen soll. Die Allgemeinverbindlicherklärung muss von den Tarifvertragsparteien beantragt werden und wird unter Einbindung des so genannten Tarifausschusses ausgesprochen, der sich aus Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zusammensetzt.
Wichtig zu wissen: Sowohl im Fall der unmittelbaren, zwingenden Tarifbindung als auch in dem der Allgemeinverbindlicherklärung dürfen Einzel-Arbeitsverträge nicht vom Tarifvertrag abweichen. Ausnahmen sind nach dem TVG nur möglich, wenn sie im Tarifvertrag selbst vorgesehen oder für den Arbeitnehmer günstiger sind. Anders ist es im Fall der bloßen Bezugnahme: Arbeitgeber und Arbeitnehmer können hier auch Vereinbarungen treffen, die sich von den Regelungen des Tarifvertrags unterscheiden.
Ich berate Sie umfassend in allen Fragen des Tarifrechts, der Tarifbindung und des Tarifwechsels.