Das All­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) schützt Arbeitnehmer vor Diskriminierung am Arbeitsplatz. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass er derartige Benachteiligungen verhindert oder beseitigt. Er ist dazu verpflichtet, entsprechende Schutzmaßnahmen zu treffen und dafür zu sorgen, dass seine Belegschaft jedwede Diskriminierung unterlässt bzw. muss gegen solche einschreiten.

Rechtsanwalt Dr. Ulrich Hallermann ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und berät überwiegend kommunale Arbeitgeber zum Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setz.

Was gilt als Diskriminierungsgrund?

Das Gesetz kennt mehrere genau definierte Diskriminierungsgründe. Dies sind im Einzelnen:

  • Rasse und ethnische Herkunft. Nicht erfasst ist dagegen die bloße Staatsangehörigkeit.
  • Benachteiligung von Frauen und Männern sind gleichermaßen verboten.
  • Religion und Weltanschauung. Ausnahmen gelten hier allerdings für Religionsgemeinschaften als Arbeitgeber, falls in der Zugehörigkeit zu einer Religion eine gerechtfertigte berufliche Anforderung liegt, die für das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft wichtig ist. In diesem Fall darf sie den Glauben im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts ausnahmsweise als Auswahlkriterium berücksichtigen. Wann dies gestattet ist, hängt allerdings auch von der Art der ausgeschriebenen Stelle ab.
    Beispiel: Bei einem Prediger ist die Glaubenszugehörigkeit essentiel, also eine gerechtfertigte berufliche Anforderung, bei einer Kantinen-Mitarbeiterin dagegen eher nicht.
  • Behinderung. Hierunter ist eine nicht nur vorübergehende körper­li­che Funk­ti­on/ geis­ti­ge Fähig­keit zu verstehen, die von der Norm abweicht und die Teil­ha­be am Le­ben in der Ge­sell­schaft be­ein­träch­tigt. Auch für diesen Diskriminierungsgrund gelten Ausnahmen. Nach § 8 Abs.1 AGG sind Ungleichbehandlungen bei besonderen beruflichen Anforderungen gestattet, wenn der Zweck rechtmäßig und die Anforderungen angemessen sind. Die Art einer auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung können zum Beispiel ein bestimmtes Maß an körperlicher Fitness voraussetzen, das bei bestimmten Behinderungen einfach nicht gegeben ist.
    Beispiel: Ein Rollstuhlfahrer kann die Arbeit eines Fliesenlegers schlichtweg nicht ausführen.
  • Alter. Es sind sowohl Diskriminierungen älterer als auch jüngerer Menschen verboten. Ausnahmen gelten, wie im Falle von Behinderungen, bei besonderen beruflichen Anforderungen.
    § 10 des AGG regelt darüber hinaus weitere Ausnahmen, die eine Ungleichbehandlung wegen des Alters gestatten. Die unterschiedliche Behandlung muss danach objektiv, angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sein. Praktisch bedeutet dies, dass ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung bestehen muss. Zulässig kann z.B. die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für eine bestimmte Stelle sein. Auch Maßnahmen, welche die be­ruf­li­che Ein­glie­de­rung von Ju­gend­li­chen oder älte­ren Beschäftig­ten besonders fördern sollen, können als sachlicher Grund anzuerkennen sein.
  • Sexuelle Orientierung. Homo- oder He­te­ro­se­xu­alität, Trans­se­xu­alität usw. darf bei einem Arbeitnehmer nicht zu einer Benachteiligung führen. Ausnahmen gelten für strafbare sexuelle Neigungen: Einen pädophilen Kindergärtner muss natürlich niemand einstellen.

Positive Maßnahmen

Ungeachtet der im AGG genannten Ausnahmen ist nach § 5 des AGG eine unterschiedliche Behandlung auch dann zulässig, wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile wegen eines Diskriminierungsgrundes verhindert oder ausgeglichen werden sollen. Ein Beispiel hierfür sind etwa Frauenförderprogramme in Bereichen, die als Männer-Domänen gelten.

Worin kommt Diskriminierung zum Ausdruck?

Bereits bei der Ausschreibung einer Stelle ist das Diskriminierungsverbot zu beachten. So ist z.B. eine geschlechtsneutrale Ausschreibung vorgeschrieben. Es darf nicht heißen „Maurer gesucht“, sondern „Maurer/in gesucht“ oder „Maurer (m/w/d) gesucht“.

Daneben enthält das AGG Begriffsbestimmungen, die unterschiedliche Benachteiligungs-Formen genauer definieren:

  • Unmittelbare Benachteiligung: Ein Arbeitnehmer wird wegen eines der o.g. Diskriminierungsgründe offensichtlich schlechter behandelt als vergleichbare Kollegen.
  • Mittelbare Benachteiligungen: Bei ihr erfolgt die unzulässige Schlechterstellung verdeckt.
    Beispiele: Hinter einer krankheitsbedingten Kündigung kann sich eine mittelbare Altersdiskriminierung verbergen, da krankheitsbedingte Fehlzeiten bei älteren Arbeitnehmern in der Regel häufiger vorkommen als bei jungen Menschen. Werden sehr gute Deutschkenntnisse für eine Stelle vorausgesetzt, die solche gar nicht erfordert, kann eine mittelbare Benachteiligung nichtdeutscher Bewerber dahinterstecken.
  • Belästigung und sexuelle Belästigung: Die Belästigung ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Arbeitnehmer wegen eines im AGG genannten Diskriminierungsgrundes in seiner Würde verletzt und ein Klima der Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen geschaffen wird.Bei der sexuellen Belästigung wird die Würde der Person durch ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten verletzt. Zum Beispiel unerwünschte sexuelle Handlungen oder Aufforderungen zu diesen.
  • Schließlich gibt es noch die vom Arbeitgeber ausgesprochene Anweisung seiner Mitarbeiter zur Benachteiligung eines Kollegen aus einem der Diskriminierungsgründe des AGG.

Was Betroffene tun können, womit der Arbeitgeber rechnen muss

Von Diskriminierung betroffene Arbeitnehmer können sich aktiv wehren. Wichtig zu wissen: Arbeitnehmer müssen nur beweisen können, dass sie benachteiligt wurden bzw. werden und dass hierfür einer der Diskriminierungsgründe des AGG zumindest naheliegt. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass keine unzulässige, diskriminierende Ungleichbehandlung vorliegt. Dazu muss er sachliche Gründe dafür angeben können, dass der Mitarbeiter unterschiedlich behandelt wurde/wird (zulässige Ungleichbehandlung).

Opfern von Diskriminierung stehen unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung:

  • Sie können von Ihrem Beschwerderecht Gebrauch machen: Personalrat, Personalabteilung oder der Arbeitgeber sind hierfür mögliche Ansprechpartner.

Arbeitgeber, denen eine solche Beschwerde zugeht, müssen tätig werden. Sie haben die Vorwürfe zu prüfen und – wenn sie zutreffen – Maßnahmen zu ergreifen, um die Diskriminierung abzustellen, zum Beispiel indem sie Abmahnungen aussprechen.

  • Eventuell lassen die Arbeitnehmer, wenn ihr Arbeitgeber Sie nicht schützt, anwaltlich mögliche Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche prüfen. Hierfür gilt in der Regel eine Frist von zwei Monaten und es ist Schriftform vorgeschrieben. Ersetzbar sind sowohl mögliche materielle als auch immaterielle Schäden, etwa wegen seelischer Beeinträchtigungen.
    Wichtig zu wissen: Für Stellenbewerber, die bei der Auswahl diskriminiert werden, kennt das Gesetz allerdings keinen Anspruch auf Einstellung!
  • Grundsätzlich gibt es nach dem AGG speziell bei Belästigung oder sexueller Belästigung und Untätigkeit des Arbeitgebers auch ein so genanntes Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten. Der Arbeitnehmer riskiert ggf. die Weiterzahlung seines Gehalts oder sogar eine Kündigung.
Ich berate überwiegend kommunale Arbeitgeber außergerichtlich zu ihren Rechten und Pflichten nach dem All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) und vertrete sie im Streit um Diskriminierung am Arbeitsplatz auch vor Gericht.