Mobbing am Arbeitsplatz: Aufgaben und Rechte des Betriebsrats

Der Schutz der Arbeitnehmer zählt zu den wichtigsten Aufgaben des Betriebsrats. Das gilt insbesondere bei Mobbing am Arbeitsplatz. In diesem Beitrag erfahren Sie alles über die Rechte und Pflichten des Betriebsrats im Umgang mit Mobbing.

1. Muss der Betriebsrat gegen Mobbing vorgehen?

Besteht ein Betriebsrat, muss dieser das Betriebsklima überwachen und schützen (§ 75 BetrVG). Dazu zählt eine gerechte und faire Behandlung aller Arbeitnehmer und vor allem ihr Schutz vor persönlichen Beeinträchtigungen. Mobbing kann hingegen schwere körperliche und seelische Auswirkungen haben.

Der Betriebsrat muss daher immer gegen Mobbing vorgehen.

Das gilt unabhängig davon, ob dem Betriebsrat eine Beschwerde eines betroffenen Arbeitnehmers vorliegt oder er anderweitig Kenntnis von der Mobbing-Situation erlangt.

Der Betriebsrat kontrolliert im Rahmen seiner Überwachungsaufgaben auch den Arbeitgeber und prüft, ob dieser seinen Kontroll- und Schutzpflichten nachkommt. Er hat mehrere Möglichkeiten, Mobbing zu bekämpfen:

Gespräch mit den Betroffenen

Der Betriebsrat darf auf die Mitarbeiter des Betriebs einwirken, um das Betriebsklima zu schützen. In einem ersten Schritt kann und muss er daher das Gespräch mit dem betroffenen Arbeitnehmer suchen. Auch der Mobber sollte gehört werden, um sich ein Bild von der Situation machen zu können.

Aufforderung des Mobbers

Bestätigt sich der Mobbingverdacht, muss der Betriebsrat den Mobber auffordern, alle Handlungen zu unterlassen, die den Mobbingverdacht begründen. Hilft das nicht, darf der Betriebsrat zu schwerwiegenderen Maßnahmen greifen.

Versetzung des Mobbers

Liegt ein schwerwiegender Mobbingfall vor, kann der Betriebsrat die Versetzung des mobbenden Arbeitnehmers verlangen (§ 104 BetrVG). Diese Möglichkeit besteht, wenn der Arbeitnehmer problemlos auf eine andere Stelle im Betrieb oder eine andere Niederlassung versetzt werden kann und dadurch eine Lösung des Konflikts zu erwarten ist. Eine Versetzung kommt aber in der Regel nur dann in Betracht, wenn dadurch der Betriebsfrieden wiederhergestellt werden kann. Je nach Schwere des Mobbings kann eine Versetzung das Problem auch nur (auf andere Arbeitnehmer) verlagern.

Eine Versetzung hat außerdem nur wenig Wirkung, wenn sich das Mobbing auch auf digitalen Kommunikationswegen abspielt („Cybermobbing“). Das gilt zum Beispiel bei Mobbing in einer betrieblichen WhatsApp-Gruppe.

Kündigung des Mobbers

Als äußerstes Mittel kann der Betriebsrat auch eine Kündigung des mobbenden Arbeitnehmers verlangen. Die Kündigung darf aber immer nur das äußerste Mittel sein. Lässt sich der Konflikt auch anders bewältigen (z.B. durch Versetzung oder ein Schlichtungsgespräch), sind diese Maßnahmen vorzuziehen. Andernfalls droht eine Unwirksamkeit der Kündigung.

Kann der betroffene Arbeitnehmer nicht anders geschützt werden und kann der Betriebsfrieden nur auf diese Weise wiederhergestellt werden, darf der Betriebsrat nur eine ordentliche Kündigung verlangen. Eine fristlose Kündigung kann er in der Regel nicht fordern.

Antrag beim Arbeitsgericht

Der Betriebsrat richtet das Verlangen nach einer Versetzung oder Kündigung an den Arbeitgeber. Folgt dieser der Aufforderung nicht, kann der Betriebsrat eine Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragen. Dieses kann den Arbeitgeber verpflichten, der Forderung des Betriebsrats nachzukommen.

2. Was passiert, wenn der Betriebsrat nicht aktiv wird?

Geht der Betriebsrat nicht oder nicht richtig gegen Mobbing vor, kann das Konsequenzen für den Betriebsrat oder einzelne Betriebsratsmitglieder haben.

Ausschluss von Betriebsratsmitgliedern

Hat der Betriebsrat Kenntnis von Mobbingfällen und bleibt er trotzdem untätig, verletzt er seine Überwachungspflicht. Dies kann zum Ausschluss einzelner Betriebsratsmitglieder führen. Im äußersten Fall ist sogar eine Auflösung des gesamten Betriebsrats denkbar.

Praktisch kommt das aber selten vor, da die Hürden für einen solchen Antrag hoch liegen. Ein Antrag kann nur von

  • einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer,
  • dem Arbeitgeber oder
  • einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft

gestellt werden. Das Ausschlussverfahren scheitert daher regelmäßig bereits an dieser Stelle.

Schadenersatzanspruch gegen Betriebsratsmitglied

Im Einzelfall können aber Schadensersatzansprüche gegen einzelne Betriebsratsmitglieder entstehen, sofern das Betriebsratsmitglied seine Pflichten zum Schutz vor Mobbing grob verletzt hat. Das ist zum Beispiel denkbar, wenn der Betriebsrat einen zugetragenen Konflikt nicht ernst nimmt oder bewusst nichts unternimmt, um einen anderen Arbeitnehmer zu schützen.

Die Erfolgsaussichten eines Schadensersatzanspruchs sind allerdings stets im Einzelfall zu prüfen. Maßgeblich ist vor allem, was der Betriebsrat hätte anders machen können, um den Arbeitnehmer vor Mobbing zu schützen.

3. Wie kann der Betriebsrat Mobbing verhindern?

Mobbingfälle am Arbeitsplatz belasten immer das Betriebsklima. Präventionsmaßnahmen sind daher wichtig, damit Mobbingfälle erst gar nicht auftreten. Dabei nimmt auch der Betriebsrat eine wesentliche Rolle ein.

Schulung der Betriebsratsmitglieder

Auch der Betriebsrat selbst muss auf den Umgang mit Mobbing vorbereitet sein.
Das Bundesarbeitsgericht entschied 2015, dass Betriebsratsmitglieder auf Kosten des Arbeitgebers auch an einer Schulung zum Thema Mobbing teilnehmen können, wenn dies im Betrieb erforderlich erscheint (BAG, Urt. v. 14.01.2015 – 7 ABR 95/12). Das gilt aber nicht ausnahmslos. Eine Schulung auf Kosten des Arbeitgebers ist nicht möglich, wenn der Betriebsrat schon ausreichend zum Umgang mit Mobbing geschult ist (z.B., weil Broschüren zum Umgang bereitstehen) oder im Betrieb kein konkreter Anlass erkennbar ist (funktionierendes Betriebsklima).

Betriebsvereinbarung zum Schutz vor Mobbing

Als weitere Präventionsmaßnahme kann der Betriebsrat auch eine Betriebsvereinbarung zum Umgang mit Mobbing abschließen. Besteht im Betrieb ein konkreter Anlass (z.B. bekannte Konflikte unter Arbeitskollegen), kann er den Abschluss der Betriebsvereinbarung sogar erzwingen.

Durch eine präventive Betriebsvereinbarung können die Vorgesetzten angeleitet werden, auf Mobbing unter Kollegen zu achten und sich bei Verdachtsfällen richtig zu verhalten.

4. Was können Betroffene vom Betriebsrat erwarten?

Arbeitnehmer schrecken bei Mobbing oft davor zurück, sich direkt an ihren Vorgesetzten zu wenden. Betroffene Arbeitnehmer können in dem Fall den Betriebsrat auch mit einer Beschwerde (§ 85 BetrVG) auf Mobbing aufmerksam machen. Der Betriebsrat muss die Beschwerde entgegennehmen und prüfen. Ist die Beschwerde gerechtfertigt, muss der Betriebsrat dies in einem Beschluss festhalten und den Arbeitgeber darauf aufmerksam machen. Häufig erfolgt dann auch eine Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat auf eine Lösung des Problems am Arbeitsplatz hinzuarbeiten. Lehnt der Betriebsrat die Beschwerde ab, muss das dem Arbeitnehmer gegenüber begründet werden.

Der Betriebsrat soll betroffenen Arbeitnehmern vor allem dann helfen, wenn eine Hilfe des Arbeitgebers selbst nicht zu erwarten ist oder dieser sogar in das Mobbing involviert ist.

Der Betriebsrat ist verpflichtet, Beschwerden wegen Mobbings zu prüfen. Ist die Beschwerde berechtigt, müssen Betriebsrat und Arbeitgeber auf eine Lösung des Problems hinwirken.

Als Betroffener können Sie vom Betriebsrat also immer erwarten, dass er tätig wird. Das gilt auch dann, wenn er ohne Beschwerde vom Mobbing Kenntnis erlangt. In dem Fall ist er aufgrund seiner Überwachungspflicht zum Einschreiten verpflichtet.

Der Betriebsrat kann aber auch ohne Vorliegen eines konkreten Verdachtsfalls tätig werden. Das geschieht zum Beispiel durch Präventionsmaßnahmen, wie regelmäßige Schulungen. Ein guter Betriebsrat zeichnet sich dadurch aus, dass er auch ohne formelle Beschwerde gegen Mobbing aktiv vorgeht.

5. Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Kündigung?

Der Betriebsrat muss im Vorfeld einer Kündigung wegen Mobbing zwingend angehört werden, ansonsten ist die Kündigung unwirksam (§ 102 BetrVG). In der Regel wird auch der betroffene Arbeitnehmer zu den Umständen der Kündigung befragt. Dazu ist der Betriebsrat auch gehalten.

Für betroffene Arbeitnehmer ist es daher wichtig, Mobbingfälle selbst an den Arbeitgeber und den Betriebsrat heranzutragen. So wird sichergestellt, dass dieser eine umfassende Sicht auf den Konflikt bekommt und eine faire Einschätzung treffen kann. Der Betriebsrat macht seine Zustimmung vor allem davon abhängig, ob andere Mittel und Wege bestehen, das Betriebsklima zu schützen. Eine Kündigung darf nur als äußerstes Mittel erfolgen.

6. Fazit

  • Der Betriebsrat muss gegen Mobbing immer vorgehen, unabhängig davon, wie er Kenntnis vom Mobbing erlangt.
  • Der Betriebsrat kann eine Versetzung oder Kündigung des Mobbers verlangen und diese sogar gerichtlich durchsetzen. Weigert sich der Arbeitgeber, droht ein Zwangsgeld.
  • Geht der Betriebsrat nicht gegen das Mobbing vor, kann das zu einem Ausschluss einzelner Betriebsratsmitglieder oder sogar einer Auflösung des Betriebsrats führen. Betroffene können im Einzelfall auch Schadensersatz verlangen.
  • Der Betriebsrat kann mit einer Betriebsvereinbarung und durch Schulungsmaßnahmen präventiv tätig werden.
  • Betroffenen können den Betriebsrat durch offizielle Beschwerde auf Mobbing aufmerksam machen. Der Betriebsrat ist dann zur Prüfung der Beschwerde verpflichtet.