Schmerzensgeld und Schadensersatz bei Mobbing

Mobbing am Arbeitsplatz kann bei betroffenen Arbeitnehmern und Beamten zu schweren Schäden führen. Aber ab wann spricht man überhaupt von Mobbing? Und in welchen Fällen können Sie Schmerzensgeld verlangen?

1. Ab wann spricht man von Mobbing am Arbeitsplatz?

Umgangssprachlich werden mitunter auch schon kleine Sticheleien als Mobbing bezeichnet. Rechtlich sind solche Vorkommnisse jedoch nicht immer relevant. Denn erst wenn eine bestimmte Schwelle überschritten wird, verletzen mobbende Kollegen oder Vorgesetzte auch ihre arbeitsvertraglichen Pflichten.

Das Bundesarbeitsgericht versteht unter Mobbing am Arbeitsplatz folgendes Verhalten:

Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren von Arbeitnehmern durch Kollegen oder Vorgesetzte.

Entscheidend ist das Wort „systematisch“. Rechtlich spricht man nur dann von Mobbing, wenn die einzelnen Mobbinghandlungen aufeinander aufbauen oder ineinander übergreifen. Einzelne Anfeindungen oder Beleidigungen reichen also in der Regel nicht aus.

Bei Mobbing durch den Vorgesetzten (auch „Bossing“ genannt) muss zwischen erlaubten arbeits- und dienstrechtlichen Maßnahmen einerseits und verbotener Schikane andererseits unterschieden werden. Denn grundsätzlich darf Ihr Vorgesetzter sowohl unangenehme Kritik an Ihnen üben als Ihnen auch unerwünschte Weisungen erteilen.

Hierzu folgendes Beispiel: Abteilungsleiter C ist mit der Arbeit seines Angestellten A unzufrieden. Er hält diesen für faul und glaubt, dass er sich nicht mit vollem Einsatz einbringt. Wenn C seinen Mitarbeiter in einem persönlichen Gespräch deutlich kritisiert, ist das noch kein Mobbing. Wenn A vorsätzlich Zeit vertrödelt, kann C sogar mit einer Abmahnung drohen.

Von Mobbing könnte man hingegen sprechen, wenn C den A vor seinen Kollegen wiederholt herabsetzt und beispielsweise einen „faulen Sack“ nennt. Derartige Beleidigungen gehen über die erlaubte sachliche Kritik hinaus.

Oft kommt es also auf den Einzelfall an, ob man von Mobbing sprechen kann. Wollen Sie weitere Schritte einleiten, sollten Sie daher frühzeitig einen Anwalt mit der Prüfung Ihrer Situation beauftragen.

2. Wann kann ich Schmerzensgeld und Schadensersatz vom Täter verlangen?

Weder Vorgesetzte noch Kollegen dürfen Sie körperlich oder seelisch verletzen. Selbstverständlich kann auch Mobbing zu solchen Schäden führen. Sie können daher unter folgenden Voraussetzungen Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Mobbings von Ihren Kollegen oder Vorgesetzten verlangen:

  • Sie werden angefeindet, schikaniert oder diskriminiert (Mobbinghandlung).
  • Mehrere Taten bauen aufeinander auf oder greifen ineinander (systematischer Zusammenhang).
  • Sie wurden vorsätzlich gemobbt.
  • Ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht oder Ihre körperliche oder seelische Gesundheit werden durch das Mobbing verletzt.
  • Das Mobbing überschreitet eine gewisse Schwelle. Ganz leichte Mobbinghandlungen genügen nicht.

Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, muss der Täter Ihnen zunächst Ihre tatsächlichen Schäden ersetzen. Wenn Sie zum Beispiel nachweisen, dass Sie wegen des Mobbings eine Beförderung verpasst haben oder Ihnen Kosten aufgrund ärztlicher Behandlung entstanden sind, können Sie diese Schäden geltend machen.

Dieser Nachweis fällt allerdings meist schwer. Schließlich lässt sich selten lückenlos beweisen, dass Sie z.B. ohne die Vorfälle befördert worden wären. Leichter durchzusetzen ist hingegen oft die Übernahme von Behandlungskosten, soweit sie ausnahmsweise nicht von der Krankenkasse getragen werden.

Mobbing verursacht aber nicht nur tatsächliche Kosten, sondern vor allem auch seelische oder sogar körperliche Schmerzen. Sie können daher bei schweren Mobbingfällen auch ein Schmerzensgeld fordern. So soll die erlittene Tortur ausgeglichen werden.

3. Wann erhalte ich Schmerzensgeld vom Arbeitgeber?

Unter Umständen können Sie nicht nur vom Mobber selbst, sondern auch von Ihrem Arbeitgeber Schmerzensgeld verlangen. Das kann sogar sehr sinnvoll sein, denn oft ist bei einem Unternehmen mehr zu holen als bei einem einzelnen Mitarbeiter.

Bei Mobbing durch einen Vorgesetzten können Sie von Ihrem Arbeitgeber Schmerzensgeld fordern, denn der Vorgesetzte vertritt Ihnen gegenüber den Arbeitgeber. Verhält sich Ihr Vorgesetzter in dieser Funktion nun fehlerhaft, muss Ihr Arbeitgeber dafür in vielen Fällen geradestehen.

Etwas schwieriger wird es bei Mobbing durch Kollegen: Für deren Verhalten ist Ihr Arbeitgeber nicht immer verantwortlich. Er muss aber aufgrund seiner Fürsorgepflicht für ein sicheres Arbeitsumfeld sorgen. Auch muss er bei Mobbing grundsätzlich einschreiten. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, ist er unter Umständen haftbar.

Daneben kann Ihnen auch aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein Anspruch zustehen. Das AGG verbietet eine Benachteiligung wegen

  • der Rasse,
  • der ethnischen Herkunft,
  • des Geschlechts,
  • der Religion/Weltanschauung,
  • einer Behinderung,
  • des Alters
  • oder der sexuellen Identität.

Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, solche Benachteiligungen durch Vorsorge und Eingreifen zu verhindern. Wenn Sie aus diesen Gründen diskriminiert werden, kommt eine Haftung auch schon bei einmaligen Fällen in Betracht. Ein Schmerzensgeld wird natürlich erst recht fällig, wenn der Arbeitgeber Sie in diesen Fällen selbst benachteiligt.

4. Wann bekomme ich Schadensersatz vom Betriebsrat?

Der Betriebsrat muss das Betriebsklima zu schützen. Dazu zählt auch der Schutz der Arbeitnehmer vor Mobbing. Er kann deshalb zum Beispiel bei Mobbing eine Versetzung oder Kündigung des mobbenden Arbeitnehmers verlangen. Nimmt der Betriebsrat Mobbing wahr, muss er dagegen vorgehen.

Wird der Betriebsrat nicht aktiv, können Sie unter Umständen Schadensersatz fordern. Das gilt aber regelmäßig nur, wenn ein Betriebsratsmitglied seine Überwachungs- und Schutzpflichten grob verletzt hat. Das ist beispielsweise denkbar, wenn der Betriebsrat gar nicht gegen Mobbing vorgeht.

Beispiel: Arbeitnehmer A wird von seinen Kollegen B gemobbt. Er reicht Beschwerde beim Betriebsrat ein. B ist eng mit den Mitgliedern des Betriebsrats befreundet. Um ihren Freund B vor Konsequenzen zu schützen, ignorieren sie die Beschwerde des A.

Ist ein Betriebsratsmitglied sogar am Mobbing beteiligt, gelten die vorstehenden Grundsätze.

5. Wie hoch ist das Schmerzensgeld?

Entscheidend ist, wie sehr und wie lange Sie unter dem Mobbing am Arbeitsplatz gelitten haben. Pauschale Aussagen lassen sich nur schwer treffen, da der Richter Ihre konkrete Situation betrachtet. Deshalb beantragt Ihr Anwalt vor Gericht meist, dass der Mobber zur Zahlung eines Betrags nach dem Ermessen des Gerichts verurteilt wird, der aber nicht unter einem bestimmten Euro-Betrag liegt.

Folgendes Beispiel aus der Rechtsprechung (Arbeitsgericht Eisenach, Urteil v. 30.08.2005, 3 Ca 1226/03 ) soll die ungefähre Größenordnung verdeutlichen:

Die Vorgesetzte V schikanierte die Arbeitnehmerin B über die Dauer eines Jahres hinweg durchgehend, um diese aus ihrem Job zu drängen. Die Arbeitgeberin X unternahm nichts dagegen. In der Folge wurde die Arbeitnehmerin psychisch krank. Das Arbeitsgericht verurteilte V und X, der B gemeinsam einen Betrag von 17.500 € zu bezahlen.

Es geht also um teils beträchtliche Summen. Neben der finanziellen Entschädigung spielt natürlich auch die Befriedigung, Ihren Mobber verurteilt zu sehen, eine erhebliche Rolle.

6. Was muss ich tun, um Schmerzensgeld wegen Mobbing zu erhalten?

Nur in seltenen Fällen werden Kollegen oder Vorgesetzte Ihnen freiwillig Schmerzensgeld zahlen. Deshalb werden Sie Ihren Anspruch meist vor Gericht durchsetzen müssen.

Der Erfolg in einem Prozess hängt von mehreren Faktoren ab: Insbesondere müssen Sie erlittene Beeinträchtigungen durch ärztliche Atteste belegen und das vorgeworfene Mobbing beweisen können. Das gelingt am leichtesten, wenn Sie die Vorfälle dokumentiert haben. Wenn Ihre Kollegen oder Ihr Chef Sie mobben, sollten Sie daher ein sogenanntes „Mobbingtagebuch“ führen, in dem alle Vorfälle mit Datum und im Detail aufgeführt werden. Noch besser ist es, wenn neutrale Kollegen die Vorfälle mitbekommen und ebenfalls dokumentieren.

Achtung: Wenn Sie von Ihrem Arbeitgeber Schmerzensgeld verlangen, müssen Sie etwaige Ausschlussfristen beachten. In manchen Fällen sieht ein Arbeits- oder Tarifvertrag vor, dass Sie Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Zeit geltend machen müssen. Nach der Rechtsprechung umfasst eine solche Klausel grundsätzlich auch Ansprüche wegen Mobbings.

7. Wann erhalten Beamte Schmerzensgeld wegen Mobbing?

Auch bei Beamten ist Mobbing verboten. Ihr Dienstherr ist bei Mobbing wie ein „normaler“ Arbeitgeber zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet. Allerdings sieht das Verfahren bei Beamten etwas anders aus.

Wenn Sie gemobbt werden, sollten Sie wie folgt vorgehen:

  1. In der Regel müssen Sie zunächst bei Ihrem Dienstherrn einen Antrag auf Schmerzensgeld stellen.
  2. Lehnt der Dienstherr Ihren Antrag ab, ist ein Widerspruch möglich.
  3. Wird auch Ihr Widerspruch abgewiesen, müssen Sie klagen.

In vielen Fällen weigert sich der Dienstherr, ein Schmerzensgeld freiwillig zu bezahlen. Auch Beamte sollten daher ein Mobbingtagebuch führen.

Bei Mobbing von Beamten kommen ebenfalls hohe Schmerzensgeldbeträge in Betracht, wie folgendes Beispiel aus der Rechtsprechung (Verwaltungsgericht Halle, Urteil v. 27.3.2019, 5 A 519/16 HAL) zeigt:

Die verbeamtete Fachbereichsleiterin B ist für längere Zeit erkrankt. Ihre Vorgesetzte, die Bürgermeisterin Z, streicht während der Krankheit den Fachbereich der B und versetzt Sie auf eine andere Stelle ohne Führungsverantwortung. Zudem wird das Büro der B ins Dachgeschoss verlegt, welches nur über eine steile Treppe und eine Leiter erreichbar ist. Als B nach einem Zwischenzeugnis fragt, erstellt Z ihr ein Dienstzeugnis für das Ende des Beamtenverhältnisses. Das Verwaltungsgericht sah dieses Verhalten als Mobbing. Schon die Versetzung auf eine geringwertige Stelle sei in diesem Fall aus Schikane erfolgt. Das zugeteilte Büro sei bewusst unwürdig gewesen. Die Vorgesetzte habe insgesamt versucht, nach außen einen Abstieg der B aus der Führungsebene wirkungsvoll zu inszenieren. Das Gericht setzte das Schmerzensgeld auf 23.000 € fest.

Auch Beamte sind also vor Mobbing am Arbeitsplatz geschützt. Sie sollten daher keinesfalls klein beigeben und sich bei Mobbing am Arbeitsplatz an einen Anwalt wenden, der Sie beim weiteren Vorgehen unterstützt.

8. Fazit

  • Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren einer Person.
  • Wird Ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht oder Ihre (seelische) Gesundheit vorsätzlich verletzt, stehen Ihnen Schadensersatz und Schmerzensgeld zu.
  • Wenn Ihr Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht verletzt und Mobbing nicht verhindert, haftet er auch für Mobbing durch Kollegen oder Vorgesetzte.
  • Auch wenn der Betriebsrat nicht gegen Mobbing vorgeht, muss er Ihnen unter Umständen Schadensersatz zahlen.
  • Die Höhe des Schmerzensgelds richtet sich nach dem Einzelfall und wird durch das Gericht festgesetzt.
  • In den meisten Fällen müssen Sie klagen, um das Schmerzensgeld zu erhalten.
  • Bei einer Klage müssen Sie das Mobbing beweisen. Daher empfiehlt sich das Führen eines Mobbingtagebuchs.
  • Auch Beamte können Schmerzensgeld wegen Mobbings erhalten. Das Schmerzensgeld müssen Sie in der Regel beim Dienstherren beantragen und bei Ablehnung klagen.

9. Häufige Fragen

Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?

Wann erhalte ich Schmerzensgeld vom Täter?

Kann ich auch Schmerzensgeld vom Arbeitgeber verlangen?

Wie hoch ist das Schmerzensgeld?

Wie bekomme ich mein Schmerzensgeld?

Bekommen auch Beamte Schmerzensgeld bei Mobbing?