Krankengeld bei Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Abfindung

Krankengeld hilft dem Arbeitnehmer, wenn er lange nicht arbeiten kann. Betroffene sollten allerdings einige Besonderheiten kennen, wenn der Arbeitsvertrag endet.

1. Was passiert, wenn ich länger als sechs Wochen krank bin?

Jeder Arbeitnehmer war wohl schon einmal krank. Ist man aufgrund dessen ohne eigenes Verschulden arbeitsunfähig, zahlt der Arbeitgeber gemäß § 3 EFZG den Lohn zunächst ohne Abzüge weiter („Entgeltfortzahlung“).

Dieser Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht aber nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht länger als sechs Wochen andauert.

Was passiert also, wenn die sechs Wochen vorüber sind und der Arbeitgeber den Lohn nicht mehr weiterzahlen muss?

Nun springt die gesetzliche Krankenkasse ein und zahlt dem Arbeitnehmer Krankengeld. Dieses beträgt 70 Prozent des letzten Bruttoverdienstes oder 90 Prozent des Nettoverdienstes. Je nachdem, welcher Wert geringer ist. Von diesem Betrag werden dann noch die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers abgezogen.

Das Krankengeld fällt daher deutlich niedriger aus als die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und kann in der Regel bis zu 78 Wochen lang bezogen werden.

2. Erhalte ich Krankengeld auch nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber?

Grundsätzlich endet ein Arbeitsverhältnis nach einer Kündigung nicht sofort. Es muss vielmehr in der Regel die Kündigungsfrist (§ 622 BGB) abgewartet werden, die vor allem bei einem lang bestehenden Arbeitsverhältnis recht lang sein kann. Es ist daher gut möglich, dass der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum erkrankt.

Selbstverständlich muss der Arbeitgeber auch dann zunächst den Lohn für sechs Wochen weiterzahlen. Tut er dies nicht, kann Krankengeld von der Krankenkasse verlangt werden. Diese kann die Zahlungen anschließend vom Arbeitgeber herausverlangen, wenn er hätte leisten müssen.

Läuft die Kündigungsfrist innerhalb der sechs Wochen Entgeltfortzahlung aus, entfällt die Zahlungspflicht des Arbeitgebers.

Beispiel: Arbeitgeber A kündigt einem Mitarbeiter M wirksam zum 31.3. Am 15.3. wird M arbeitsunfähig krank. Entgeltfortzahlung kann er nur bis zum 31.3. verlangen.

Etwas anderes gilt gemäß § 8 EFZG nur, wenn dem Arbeitnehmer gerade anlässlich der Erkrankung gekündigt wird. Die Krankheit des Arbeitnehmers muss die Entscheidung des Arbeitgebers also maßgeblich beeinflusst haben („Anlasskündigung“).

Beispiel: Arbeitnehmerin A war in den letzten 1,5 Jahren immer wieder für längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Das wird sich in Zukunft auch nicht ändern. Als sie erneut krank wird, kündigt ihr der Arbeitgeber am 29.4. krankheitsbedingt wirksam zum 31.5. Sie kann nun die vollen sechs Wochen Entgeltfortzahlung verlangen, also sogar über das Ende ihrer Anstellung hinaus bis zum 10.6.

Um keine Anlasskündigung handelt es sich, wenn die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit noch gar nicht vorhersehbar ist. Der Arbeitgeber muss also zumindest mit der bevorstehenden Arbeitsunfähigkeit rechnen.

Das Krankengeld der Krankenversicherung wird hingegen auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus gezahlt und auch, wenn dem Arbeitnehmer während der Krankheit fristlos („außerordentlich“) gekündigt wird.

Das Arbeitsverhältnis endet dann nämlich von einem Tag auf den anderen. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall keine Entgeltfortzahlung leisten. Der Arbeitnehmer ist daher noch mehr als sonst auf das Krankengeld angewiesen.

3. Wird mir Krankengeld nach einer Eigenkündigung gezahlt?

Kündigt der Arbeitnehmer und erkrankt anschließend während der Kündigungsfrist, unterscheidet sich die Lage nicht von einer Kündigung durch den Arbeitgeber.

Es gilt daher: Entgeltfortzahlung nur bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses, Krankengeld auch länger.

Anders ist es, wenn der Arbeitnehmer kündigt, als er schon arbeitsunfähig erkrankt ist. Gegen den Arbeitnehmer wird dann grundsätzlich eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen verhängt, während der er kein Krankengeld erhält (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).

Beispiel: A erkrankt am 17.3. Er könnte nun bis zu sechs Wochen lang Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber verlangen (also bis zum 28.4.). Er kündigt allerdings selbst zum 15.4. Entgeltfortzahlung erhält er nur bis zu diesem Datum. Anschließend ist er auf Krankengeld angewiesen. Er muss wegen seiner Eigenkündigung allerdings mit einer Sperrzeit bis maximal zum 12.7. rechnen.

Das Krankengeld wird von der Krankenkasse gezahlt. Ihren Interessen läuft es zuwider, wenn der Arbeitnehmer selbst kündigt. Schließlich hätte im fortlaufenden Arbeitsverhältnis zunächst der Arbeitgeber sechs Wochen lang Entgeltfortzahlung leisten müssen. In diesem Fall ist die Bedürftigkeit des Arbeitnehmers daher selbst verschuldet.

Dies gilt nur dann nicht, wenn der Arbeitnehmer einen vernünftigen Grund zur Kündigung hatte.

Dies sind Beispiele für einen vernünftigen Grund:

  • Aussicht auf eine neue Stelle
  • Sexuelle Belästigung
  • Mobbing
  • Die Eigenkündigung soll einer Kündigung durch den Arbeitgeber zuvorkommen
  • Gesundheitliche Gründen, z.B. zu hohe Belastung

Durch die richtige Darstellung des Sachverhalts ist es oftmals möglich, eine Sperrzeit zu verhindern. Ein erkrankter Arbeitnehmer sollte sich daher vor einer Eigenkündigung beraten lassen.

4. Bekomme ich auch nach einem Aufhebungsvertrag Krankengeld?

Ein Aufhebungsvertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber soll das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden. Er wird daher von der Krankenkasse ähnlich beurteilt wie eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers.

Daher gilt: Ohne vernünftigen Grund zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags zahlt die Krankenkasse während der Sperrzeit kein Krankengeld.

Ein vernünftiger Grund zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags kann insbesondere sein, dass der Arbeitgeber eine Abfindung anbietet.

5. Was ist bei Krankengeld und Abfindung zu beachten?

Eine Abfindung soll dem Arbeitnehmer die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags oder das Akzeptieren der Kündigung schmackhaft machen.

Hier muss der Arbeitnehmer jedoch vorsichtig sein. denn eine Abfindung kann unter Umständen auf das Krankengeld angerechnet werden. Der Arbeitnehmer würde dann finanziell nichts gewinnen.

Man muss jedoch zwischen einer „echten“ und „unechten“ Abfindung unterscheiden:

Von einer „unechten“ Abfindung spricht man, wenn die Abfindung in Wahrheit nicht als Entschädigung gedacht ist.

Beispiel: Arbeitnehmer A und Arbeitgeber B schließen einen Aufhebungsvertrag. B schulde dem A noch Lohn. Sie vereinbaren, dass dieser Rückstand als „Abfindung“ ausgezahlt wird.

Bei einer solchen Zahlung handelt es sich sozialversicherungsrechtlich um ein Arbeitsentgelt (§ 14 Abs. 1 1 SGB IV), auch wenn es durch die Bezeichnung als „Abfindung“ versteckt werden soll. Die Krankenkasse sieht diese Zahlung daher als normalen Lohn an und zahlt kein oder nur ein gemindertes Krankengeld.

 

„Echte“ Abfindungen werden dem Arbeitnehmer hingegen allein aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezahlt. Eine echte Abfindung soll den Verlust des Arbeitsplatzes finanziell ausgleichen und den Arbeitnehmer entschädigen. Sie gilt nicht als Arbeitsentgelt. Die echte Abfindung wird daher nicht auf das Krankengeld angerechnet.

6. Gibt es Krankengeld für unbeschäftigte Arbeitnehmer?

Erkrankt der Arbeitnehmer nach dem Ende des Arbeitsverhältnis, kann er unter Umständen einen „nachgehenden“ Anspruch auf Krankengeld gegen seine Krankenkasse haben (§ 19 Abs. 2 SGB V). Dies gilt jedoch nur für einen Monat nach Ende der Anstellung. Das Krankengeld soll hier lediglich die Zeit zwischen zwei Anstellungen überbrücken und endet mit Beginn des neuen Beschäftigungsverhältnisses.

Beispiel: Arbeitnehmer A verliert zum 31.10. seinen Arbeitsplatz. Er tritt erst am 20.11. eine neue Stelle an. Am 05.11. erkrankt er. Kann er Krankengeld beanspruchen?

Ja, A kann sich an seine Krankenkasse wenden und „nachgehendes“ Krankengeld fordern. Dieses wird ihm für einen Monat, also bis höchstens zum 30.11., gewährt. Da A am 20.11. eine neue Stelle antritt, erhält er aber bereits ab diesem Zeitpunkt kein Krankengeld mehr.

Aber Achtung: Die Versicherungslücke darf maximal einen Monat betragen. Würde A im Beispiel also seine Stelle erst zum 15. Dezember antreten, würde kein nachgehender Leistungsanspruch bestehen. Die Krankenkasse prognostiziert daher bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, ob der Betroffene realistischerweise innerhalb eines Monats eine neue Beschäftigung finden wird. Insbesondere für Arbeitnehmer mit sicherer Anschlussbeschäftigung sieht es dann gut aus.

Bezieht der Arbeitnehmer bereits Arbeitslosengeld I und erkrankt, wird ihm dieses hingegen wie ein Arbeitsentgelt zunächst für sechs Wochen weitergewährt. Er sollte sich dafür so früh wie möglich bei der Agentur für Arbeit melden. Nach diesen sechs Wochen zahlt die gesetzliche Krankenkasse dem Arbeitnehmer Krankengeld. Das Arbeitslosengeld erhält er ab Zahlung des Krankengeldes jedoch nicht mehr. Der Arbeitnehmer kann daher nur Arbeitslosengeld I ODER Krankengeld, aber nie beide Leistungen gleichzeitig beziehen.

Verhängt die Arbeitsagentur eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld I, kann während dieser Zeit auch kein Krankengeld bezogen werden (§§49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V iVm § 159 Abs. 1 SGB III).

Die Erfahrung zeigt aber, dass die Krankenkassen in dieser Situation dennoch häufig Krankengeld zahlen.

Zu einer Sperrzeit kann es z.B. kommen, wenn der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet oder anderweitig selbst das Ende seines Arbeitsvertrages herbeiführt.

Bei Bezug von Arbeitslosengeld II erhält der Arbeitnehmer kein Krankengeld.

7. Fazit

  • Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit zahlt der Arbeitgeber zunächst das Entgelt weiter.
  • Nach sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit endet die Entgeltfortzahlung. Nun erhält der Arbeitnehmer Krankengeld von der Krankenkasse.
  • Das Krankengeld wird grundsätzlich auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus gezahlt.
  • Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer selbst kündigt und dann erkrankt.
  • Kündigt der Arbeitnehmer erst nach Arbeitsunfähigkeit und hat dafür keinen vernünftigen Grund, erhält er für bis zu zwölf Wochen kein Krankengeld.
  • Gleiches gilt bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags.
  • Eine Abfindung wird dann nicht auf das Krankengeld angerechnet, wenn sie den Wegfall des Arbeitsplatzes kompensieren soll („echte Abfindung“).
  • Bei Arbeitsunfähigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann ein nachgehender Leistungsanspruch bestehen. Auch erhalten Empfänger von ALG I nach sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit Krankengeld.