Ist ein Aufhebungsvertrag für Auszubildende sinnvoll?

Zur Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses bietet sich neben der Kündigung ein Aufhebungsvertrag an. In diesem Beitrag erkläre ich Ihnen, welche Vor- und Nachteile ein Aufhebungsvertrag für Azubis hat.

1. Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Ein Ausbildungsverhältnis wird durch einen Vertrag zwischen Auszubildendem und Arbeitgeber geschlossen. Grundsätzlich läuft der Vertrag so lange, bis die Ausbildungsdauer abgelaufen oder die Abschlussprüfung bestanden ist.

Unter Umständen möchte der Auszubildende oder sein Arbeitgeber aber vorzeitig die Ausbildung beenden. In einem solchen Fall scheint eine Kündigung nahezuliegen. Zwar haben beide grundsätzlich ein Recht zur Kündigung. Dieses ist jedoch nach Ablauf der Probezeit an einige Voraussetzungen gebunden und gerade im Ausbildungsverhältnis nicht immer möglich.

Um dennoch den Ausbildungsvertrag zu beenden, kommt auch ein Aufhebungsvertrag in Betracht. Er wird nicht einseitig, sondern auf Wunsch beider Parteien abgeschlossen. Auszubildender und Arbeitgeber beenden das Arbeitsverhältnis also einvernehmlich. Das ist der wichtigste Unterschied zur Kündigung: Sie geht immer von einer Seite allein aus.

Ein Aufhebungsvertrag hat typischerweise unter anderem diese Inhalte:

  • Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis enden soll. Diese Regelung wird eventuell mit einer Klausel verbunden, wonach der Arbeitnehmer bis zur Beendigung freigestellt wird
  • Häufig die Höhe und Fälligkeit einer Abfindung
  • Vereinbarungen über das Arbeitszeugnis
  • Regelungen über die Abgeltung des Urlaubs

2. Welche Vorteile hat ein Aufhebungsvertrag?

Flexibel den Betrieb verlassen

Eine Kündigung seitens des Auszubildenden kann nach der Probezeit nur erfolgen, wenn der Azubi die Berufsausbildung komplett aufgeben will oder sich für eine andere Ausbildung entscheidet (§ 22 II Nr. 2 BBiG).

Beispiel: Will der Auszubildende die gleiche Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzen, kann er deshalb aus den o.g. Gründen nicht kündigen. Behauptet der Auszubildende, dass er die Ausbildung aufgeben möchte und sucht sich insgeheim einen anderen Ausbildungsplatz, muss er eventuell sogar Schadensersatz an seinen ehemaligen Ausbildungsbetrieb zahlen (§ 23 BBiG).

Ansonsten ist der Auszubildende nur zur Kündigung berechtigt, wenn er einen „wichtigen Grund“ dafür hat. Davon spricht man insbesondere, wenn die Fortführung der Ausbildung unzumutbar ist.

Folgende Fälle kommen beispielsweise als wichtige Gründe in Betracht:

Eine Kündigung muss immer begründet sein und ist mitunter gar nicht so leicht.

Der Aufhebungsvertrag wird hingegen von beiden Parteien freiwillig abgeschlossen und hat daher keine hohen Anforderungen. Der Auszubildende muss keine Gründe angeben, warum er sein Ausbildungsverhältnis beenden möchte.

Beispiel: Auszubildende A mag ihren Ausbilder B nicht und möchte die Ausbildung bei einem anderen Arbeitgeber fortführen. B ist im Übrigen ein guter Arbeitgeber und verhält sich korrekt. Wie kann A ihren Ausbildungsplatz wechseln?

Eine Kündigung wäre hier nur in der Probezeit möglich. Die bloße Abneigung ist kein Kündigungsgrund. A könnte jedoch mit B einen Aufhebungsvertrag schließen und sich einen neuen Arbeitgeber suchen.

Ein Aufhebungsvertrag ist also insbesondere bei einem Ausbildungsplatzwechsel die richtige und oft einzige Wahl.

Bei einem Aufhebungsvertrag muss auch keine Kündigungsfrist beachtet werden. Arbeitgeber und Auszubildender können also frei vereinbaren, zu welchem Tag das Ausbildungsverhältnis enden soll. Hat der Auszubildende bereits eine neue Stelle in Aussicht, kann er sie also rechtzeitig antreten.

Abfindung

Geht die Initiative für den Aufhebungsvertrag hingegen vom Arbeitgeber aus, kann der Auszubildende auf eine Abfindung hoffen. Er erhält also einen bestimmten Geldbetrag ausbezahlt, wenn er unterschreibt. Das muss im Vertrag aber vereinbart sein.

Die Abfindung soll eine finanzielle Entschädigung für den Verlust des Ausbildungsplatzes sein.

Ob und in welcher Höhe eine Abfindung gezahlt wird, ist grundsätzlich eine Frage des Verhandlungsgeschicks. Eine Abfindung bei Auszubildenden ist jedoch eher die Ausnahme. Der Arbeitgeber wird sich aber meist dann auf eine Abfindung einlassen, wenn er den Auszubildenden andernfalls nicht kündigen könnte und ihn daher vom Vertrag überzeugen muss. Will hingegen nur der Azubi die Ausbildung beenden, kann er nicht mit einer Abfindung rechnen.

3. Welche Nachteile hat ein Aufhebungsvertrag für Azubis?

Kein Kündigungsschutz

Ein Auszubildender ist nach seiner Probezeit nur sehr schwer zu kündigen. Der Arbeitgeber kann ihn nur wegen eines wichtigen Grundes entlassen. Eine Kündigung wäre daher beispielsweise in folgenden Fällen möglich:

  • Der Auszubildende stiehlt
  • Der Auszubildende erscheint ständig nicht zur Arbeit
Einzelne Verspätungen, ein Auftragsrückgang oder vergleichbare Gründe berechtigen den Arbeitgeber hingegen nicht zur Kündigung.

Auch muss der Betriebsrat vor einer Kündigung angehört werden. Eine Kündigung ohne Anhörung ist unwirksam, sofern ein Betriebsrat besteht.

Ein Aufhebungsvertrag kann dagegen auch ohne Anhörung und ohne Kündigungsgrund geschlossen werden.

Der Auszubildende verzichtet daher durch Abschluss des Vertrags auf seinen Kündigungsschutz!

Auch die fehlende Kündigungsfrist kann sich dann schnell von einem Vor- in einen Nachteil verwandeln. Zwar kann der Auszubildende das Ausbildungsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag schnell beenden, er erhält dann aber sofort keinen Lohn mehr. Bei einer Kündigung nach der Probezeit ist hingegen oftmals eine vierwöchige Kündigungsfrist einzuhalten, während der der Auszubildende noch voll bezahlt wird.

Sperrzeit beim Arbeitslosengeld

Nach Verlust der Ausbildungsstelle ist der Auszubildende oft auf Arbeitslosengeld angewiesen.

Darauf hat er grundsätzlich Anspruch, wenn er mindestens 12 Monate beschäftigt war.

Sowohl bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags als auch bei einer Eigenkündigung führt der Auszubildende den Verlust seines Arbeitsplatzes aber selbst herbei. Die Bundesagentur für Arbeit sperrt ihn daher für bis zu 12 Wochen. Während dieser Sperrzeit erhält der ehemalige Auszubildende kein Arbeitslosengeld. Eine Sperrzeit wird nur ausnahmsweise nicht verhängt.

4. Wer muss den Aufhebungsvertrag unterschreiben?

Der Aufhebungsvertrag muss schriftlich abgeschlossen werden. Das heißt: Sowohl Auszubildender als auch Arbeitgeber müssen den Vertrag selbst unterschreiben.

Ist der Auszubildende minderjährig, müssen auch seine gesetzlichen Vertreter (meist die Eltern) den Aufhebungsvertrag unterzeichnen. Da im Normalfall beide Eltern sorgeberechtigt sind, sollten auch beide den Aufhebungsvertrag unterschreiben.

5. Ist ein Aufhebungsvertrag wegen schlechter Noten wirksam?

Allein schlechte Noten berechtigen den Arbeitgeber nicht zur Kündigung. Er kann sich allenfalls mit dem Azubi auf einen Aufhebungsvertrag einigen. Dem sollten Auszubildende allerdings meist nicht zustimmen (s.u.)!

Zudem ist ein Aufhebungsvertrag oft auch unwirksam, wenn er vorsorglich geschlossen wird, um in Zukunft Kündigungsschutzvorschriften zu umgehen.

Hierzu folgender Beispielfall (Bundesarbeitsgericht, Az. 2 AZR 61/85): Der Auszubildende A sollte von 1981 bis 1984 als Rohrinstallateur bei B ausgebildet werden. A und B unterzeichneten bereits 1982 einen Aufhebungsvertrag, welcher folgende Bestimmung enthielt: Sollte A im nächsten Berufsschulzeugnis die Note „mangelhaft“ bekommen, ist das Ausbildungsverhältnis aufgelöst.

A bekam im folgenden Zeugnis in mehreren Fächern die Note „mangelhaft“. B sah das Ausbildungsverhältnis nun als aufgelöst an. Hiergegen erhob A Klage. Mit Erfolg?

Das Gericht entschied, dass das Ausbildungsverhältnis weiter bestehe. Eine schlechte Note sei kein Kündigungsgrund. Zwar sei ein solcher bei einem Aufhebungsvertrag eigentlich nicht nötig, der Arbeitgeber dürfe diese Möglichkeit aber auch nicht missbrauchen. B habe hier den Vertrag nur deshalb mit A geschlossen, um diesen unter Umgehung des Kündigungsschutzes wegen seiner schlechten Noten zu kündigen.

6. Wann sollte ein Auszubildender einen Aufhebungsvertrag unterschreiben?

Natürlich hängt diese Frage stark vom Einzelfall ab. Generell lassen sich aber diese allgemeinen Empfehlungen geben:

  • Ein Aufhebungsvertrag bietet sich an, wenn der Auszubildende den Betrieb wechseln möchte und schon eine neue Stelle in Aussicht hat.
  • Anders ist es meist, wenn der Auszubildende im Betrieb bleiben möchte. Geht die Initiative für den Vertrag vom Arbeitgeber aus, sollte in der Regel nicht unterschrieben werden. Ist der Auszubildende selbst mit der Beendigung einverstanden, sollte er auf eine hohe Abfindung bestehen und vorher einen Anwalt für Arbeitsrecht zu Rate ziehen.
  • Ein Aufhebungsvertrag auf Initiative des Arbeitgebers kann hingegen sinnvoll sein, wenn der Azubi andernfalls fristlos gekündigt würde. So werden Lücken im Lebenslauf vermieden. Auch hier sollte der Azubi vorher mit einem Anwalt sprechen, der die Erfolgsaussichten einer fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber prüfen kann.

7. Kann man einen Aufhebungsvertrag rückgängig machen?

Grundsätzlich gilt: Ist ein Aufhebungsvertrag einmal unterschrieben, so bleibt es auch dabei. Der Auszubildende sollte sich also vor Vertragsschluss gut überlegen, ob er seine Ausbildung wirklich beenden möchte.

Der Aufhebungsvertrag kann aber ausnahmsweise angefochten werden. Beispielsweise, wenn der Arbeitgeber den Azubi getäuscht oder bedroht hat, damit dieser den Aufhebungsvertrag unterschreibt.

Hierzu folgender Beispielfall (Az. 2 AZR 412/91), der vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verhandelt wurde: Arbeitgeber A war mit der Auszubildenden B unzufrieden. Er bat sie daher zum Gespräch und verlangte, dass sie einen Aufhebungsvertrag unterschreibt. Ohne diesen wollte er ihr kein Arbeitszeugnis ausstellen und sie kündigen. A ließ B erst aus dem Raum, nachdem sie unterschrieben hatte. A sah den Vertrag als unwirksam an und erhob Klage. Zu recht?

Das BAG entschied, dass der Vertrag unwirksam sei. A habe den Vertrag nur unterschrieben, da B ihr u.a. mit einer Kündigung gedroht habe, die gar nicht rechtmäßig gewesen wäre. A könne den Vertrag daher anfechten.

Der Auszubildende sollte sich in einer solchen Situation erst gar nicht unter Druck setzen lassen. Er kann stattdessen um Bedenkzeit bitten und rechtlichen Beistand suchen. Er hat dann gute Chancen, den Ausbildungsplatz zu behalten.

8. Fazit

  • Ein Aufhebungsvertrag beendet das Ausbildungsverhältnis einvernehmlich. Auszubildender und Arbeitgeber müssen zustimmen.
  • Ein Aufhebungsvertrag kann jederzeit und ohne Grund geschlossen werden.
  • Möchte der Auszubildende seinen Ausbildungsplatz wechseln, ist ein Aufhebungsvertrag oft die einzige Möglichkeit.
  • Kündigungsfristen müssen nicht beachtet werden.
  • Die Vereinbarung einer Abfindung ist möglich.
  • Bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags verzichtet der Auszubildende auf seinen Kündigungsschutz und erhält in den meisten Fällen für bis zu 12 Wochen kein Arbeitslosengeld.
  • Der Aufhebungsvertrag muss schriftlich geschlossen werden. Bei minderjährigen Auszubildenden müssen die gesetzlichen Vertreter (meist die Eltern) unterschreiben.
  • Ein Aufhebungsvertrag kann nur in seltenen Fällen rückgängig gemacht werden.