Entlassung aus dem Staatsdienst wegen AfD-Mitgliedschaft? 

Nicht erst seit den Plänen zur Remigration in Potsdam (aufgedeckt im Januar 2024) stellt sich für Personalreferate die Frage, wie mit Bediensteten umzugehen ist, die sich eventuell nicht verfassungskonform verhalten. Das gilt nicht nur für Sympathisanten mit dem rechten Lager, sondern auch für Sympathisanten von anderen politischen – z.B. linksextremen – Bestrebungen. Im Gegensatz zur Privatwirtschaft kann der öffentliche Dienst das politische Verhalten seiner Bediensteten nicht ignorieren.

1. Unterschiede zur Privatwirtschaft

Sowohl Beamte als auch Tarifbeschäftigte sind auf der einen Seite dem Grundgesetz verpflichtet (Verfassungstreuepflicht), Zuwiderhandlungen können zu Sanktionen führen. Auf der anderen Seite haben Bedienstete auch das Recht auf freie Meinungsäußerung. Viele Behörden würden auffällige Bedienstete am liebsten einfach entlassen. Das ist aber rechtlich sehr schwierig: Eine Partei wie z.B. die AfD ist zwar in Teilen extremistisch, das entbindet aber nicht von der Prüfung im Einzelfall, ob sich der jeweilige Bedienstete extremistisch verhält.

Die Entfernung des Staatsanwaltes Seitz (OLG Stuttgart, Urt. v. 18.03.2021, Az. DGH 2/19) aus dem Staatsdienst und die Versetzung des Richters Maier in den Ruhestand (BGH, Urt. v. 05.10.2023 – RiZ (R) 1/23) waren mit einem hohen juristischen Prüfaufwand verbunden.

In den nächsten Jahren ist hier nicht mit substantiellen Vereinfachungen zu rechnen. Bislang wurde z.B. beim Bundesverfassungsgericht kein Antrag gestellt, die AfD zu verbieten.

Auch nach Antragstellung würde das entsprechende Verfahren noch Jahre bis zu einer Entscheidung dauern. Der Ausgang selbst ist ungewiss: Das schriftliche Parteiprogramm kann nicht als verfassungsfeindlich bezeichnet werden. Man müsste der Partei nachweisen, dass sie im Alltag die Verfassungsfeindlichkeit lebt. Hierbei kann es allenfalls als Indiz gewertet werden, dass einzelne Landesverbände vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft werden.

Nachfolgend werden daher auch Alternativen zur Entlassung dargestellt, wenn die Behörden aus politischen Gründen zum Handeln gezwungen sind, rechtlich aber die Risiken für eine Entfernung zu hoch sind.

2. Prüfung der Frage der Verfassungstreue

Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Beamte und Tarifbeschäftigte müssen sich verfassungskonform verhalten, wozu das Bundesverfassungsgericht bereits 1975 eine Grundsatzentscheidung (sogenannter Radikalenerlass, Beschl. v. 22.05.1975, Az.: 2 BvL 13/73) getroffen hat.

Die wesentlichen Leitsätze der Entscheidung lauten wie folgt (Auszug):

1. Beamte haben eine besondere politische Treuepflicht gegenüber dem Staat und der Verfassung.

2. Die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, dass er sich eindeutig von Gruppen distanziert, die den Staat und seine Verfassung auch nur diffamieren.

3. Bei Beamten auf Probe und bei Beamten auf Widerruf rechtfertigt die Verletzung der Treuepflicht regelmäßig die Entlassung aus dem Amt. Bei Beamten auf Lebenszeit kann wegen dieser Dienstpflichtverletzung im förmlichen Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Dienst erkannt werden.

7. Wenn auch an die Angestellten im öffentlichen Dienst weniger hohe Anforderungen als an die Beamten zu stellen sind, schulden sie gleichwohl dem Dienstherrn Loyalität; auch sie dürfen nicht den Staat und seine Verfassungsordnung angreifen; auch sie können wegen grober Verletzung dieser Dienstpflicht fristlos entlassen werden; bereits ihre Einstellung kann abgelehnt werden.

8. Der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt – unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgestellt ist, kann ebenfalls einen Entlassungsgrund darstellen.

Wer ist Verfassungsfeind nach dem Bundesverfassungsschutz?

Der Bundesverfassungsschutz differenziert auf seiner Homepage wie folgt:

Nr. 1: Rechtsextremismus

Rechtsextremisten gehen nach dem Bundesverfassungsschutz davon aus, dass die Zugehörigkeit zu einer Ethnie oder Nation über den Wert eines Menschen entscheidet. Aktuell sind Rechtsextreme besonders queerfeindlich. 2022 gab es rund 21.000 rechtsextreme Straftaten. Häufig werden verbotene NS-Symbole wie die Reichskriegsflagge verwendet. Es werden auch grenzwertige und bewusst provokative Sprüche (z.B. We(h)r-macht Kaffee ?) verwendet. Es bietet sich an, auffällige Aussagen zu googlen. Häufig fällt erst dann der rechtsextreme Hintergrund auf. 1935 hatte A. Hitler z.B. von der deutschen Jugend gefordert, „flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl“ zu sein. Der Satz klingt eigentlich harmlos, deutet beim Verwender aber auf Rechtsextremismus hin. Verbotene Organisationen sind z.B. Combat 18 Deutschland oder Altermedia Deutschland.

Nr. 2: Reichsbürger und Selbstverwalter

Das verbindende Element in der Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ ist nach dem Verfassungsschutz die fundamentale Ablehnung der Existenz oder Legitimität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren Rechtsordnung. Die entsprechenden Mitglieder sind häufig bewaffnet, der Verfassungsschutz regt daher den Waffenentzug an. Rund 23.000 Personen werden der Szene zugeordnet.

Nr. 3: Islamismus und islamischer Terrorismus

Man muss täglich mit Anschlägen durch Mitglieder dieser Gruppierungen rechnen. Das Personenpotenzial in Deutschland wird auf rund 28.000 vom Verfassungsschutz geschätzt.

Nr. 4: Verfassungsrelevante Delegitimierung des Staates (z.B. Corona)

Der Verfassungsschutz: Die staatlichen Schutzmaßnahmen gegen die Coronapandemie und die damit einhergehenden Freiheitseinschränkungen lösten nicht nur eine breite gesellschaftspolitische Debatte und verfassungsrechtlich legitime Proteste aus, sondern dienten in einzelnen Fällen auch als Vorwand und Hebel, um die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung als solche zu bekämpfen. Rund 1400 Personen rechnet der Verfassungsschutz diesem Phänomen zu.

Nr. 5: Linksextremismus

Linksextremisten wollen die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung und damit die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen. Um dieses Ziel zu erreichen, versuchen Linksextremisten, Einfluss auf Gesellschaft und Politik zu nehmen. Zudem begehen sie nahezu täglich und bundesweit eine Vielzahl teils schwerer Straf- und Gewalttaten.

Die Gewalt richtet sich vor allem gegen die Staatsmacht und politische Gegner. Der Verfassungsschutz geht von rund 11.000 gewaltbereiten Linksextremisten aus.

Nr. 6: Auslandsbezogener Extremismus

Organisationen im auslandsbezogenen Extremismus sind überwiegend aus politischen, sozialen oder ethnischen Konflikten in den jeweiligen Heimatländern hervorgegangen. Hauptziel der in Deutschland vertretenen Organisationen ist die Unterstützung der jeweiligen „Mutterorganisationen“ in den Herkunftsländern. Rund 30.000 Personen werden dieser Gruppe zugeordnet.

Nr. 7-10: Spionage, Wirtschafts- und Verfassungsschutz, Cyberabwehr, Sabotageschutz

Der Begriff ist selbsterklärend. Verschiedene Länder versuchen, Spione in öffentliche Verwaltungen einzuschleusen. Eine Verfassungsfeindlichkeit kann auch dadurch zum Ausdruck kommen, dass Erfindungen entwendet werden. Verfassungsfeinde können auch mittels Cyberangriffen tätig werden. Behörden müssen sich schließlich vor Sabotagen durch Verfassungsfeinde in Acht nehmen.

Fragenkatalog

Personalreferentinnen und Personalreferenten sollten folgenden Katalog an Fragen durchgehen, um über den weiteren Umgang mit eventuellen Verfassungsfeinden zu unterscheiden. Der Prüfkatalog differenziert nicht zwischen Tarifbediensteten und Beamten. Er dient einer ersten Einschätzung, ob hier die Entlassung bzw. Kündigung möglich ist. Die endgültige Entscheidung muss dann nach Abstimmung mit dem Justizreferat erfolgen:

Ist der Bedienstete Mitglied in der verfassungsfeindlichen Organisation?

Sofern die Frage mit ja beantwortet wird, kommt eventuell eine Entfernung aus dem Dienst in Betracht. Sofern die Frage mit nein beantwortet wird, kommt ebenfalls eine Entfernung bei z.B. extremistischen Äußerungen oder sonstigem verfassungsfeindlichem Verhalten in Betracht.

In welchem Landesverband ist der Bedienstete Mitglied?

Die Mitgliedschaft in einem nicht vom Verfassungsschutz beobachteten Landesverband kann als entlastend gewertet werden, die Mitgliedschaft in einem gesichert als rechtsextrem geltenden Landesverband (z.B. Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt bei der AfD) ist zu Ungunsten des jeweiligen Bediensteten zu werten.

Welche Äußerungen hat der Bedienstete in der Öffentlichkeit getroffen?

Verfassungsfeindliche Äußerungen sind zum Nachteil des Bediensteten zu berücksichtigen und reichen in der Regel für die Entfernung aus dem Dienst. Beispiele sind die Verherrlichung des Nationalsozialismus oder Antisemitismus.

Das Teilen eines verfassungsfeindlichen Posts (z.B. Führergruß) in sozialen Netzwerken kann für die Entfernung ausreichen. Dasselbe gilt für ein verfassungsfeindliches Tattoo.

Welche Ämter bekleidet der Bedienstete innerhalb oder außerhalb der Organisation?

Das Amt des Landesvorsitzenden in einem nach Auffassung des Verfassungsschutzes rechtsextremen Landesverband ist kaum mit dem Staatsdienst zu vereinbaren. Hingegen sind bei einem Kassenwart ohne politische Betätigung in einem “gemäßigten” Landesverband eventuell keine ausreichenden Gründe für eine Entfernung gegeben.

3. Beamte

Alternativen zur Entfernung aus dem Dienst

Umsetzung

Beamte können einfach umgesetzt werden. Eine spezielle gesetzliche Grundlage für Umsetzungen ist nach dem Bundesverwaltungsgericht auch dann nicht erforderlich, wenn sie mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden sind, Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.06.2012 – BVerwG 2 B 23.12.

Die Umsetzung steht im Ermessen des Dienstherrn, der die zugrunde liegenden dienstlichen Belange mit den Folgen für den beruflichen Werdegang und die private Lebensführung des Betroffenen abwägen muss.

Sofern ein kommunaler Vollzugsbeamter mit verfassungsbedenklichen Ansichten nicht entfernt werden soll, kann die Behörde ihn in den Innendienst ohne Waffengewalt umsetzen. Das entsprechende Vorgehen wird in der Regel ermessensfehlerfrei sein.

Mündlicher Hinweis an den Beamten

Die Mitgliedschaft in einer verfassungsbedenklichen Organisation führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Verdacht eines Dienstvergehens besteht. Das kann insbesondere dann zu verneinen sein, wenn der jeweilige Landesverband vom Verfassungsschutz nicht als extremistisch eingestuft wird. Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens ist dann nicht angezeigt.

Möglicherweise ist sich aber der Beamte gar nicht der Probleme bewusst, die eine Mitgliedschaft in der verfassungsbedenklichen Organisation für ihn haben kann. Daher kann eine Belehrung durch den Dienstherren über die Verfassungspflichten und die aktuellen politischen Entwicklungen den Beamten eventuell dazu bringen, die entsprechende Organisation freiwillig zu verlassen und sich hier nicht weiter zu engagieren. Das funktioniert aber dienstrechtlich nur dann, wenn nicht bereits die bloße Mitgliedschaft zwingend zu einer Entfernung führt. Das dürfte bei der NPD Nachfolgepartei “Die Heimat” zu bejahen sein, da diese nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als rechtsextrem einzustufen ist.

Hier ist eine klare Trennlinie zur AfD zu ziehen: Mangels Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann diese nicht als gesichert rechtsextrem eingestuft werden, die bloße Mitgliedschaft dürfte nicht für eine Entfernung ausreichen.

Relativ einfach: Entlassung von Beamten auf Widerruf und Probe

Kommt der Dienstherr zu dem Ergebnis, dass sich der Beamte auf Widerruf bzw. Probe charakterlich nicht bewährt hat, ist er zu entlassen. Die rechtlichen Anforderungen an die Entlassung sind geringer als die Anforderungen an die Entfernung bei Lebenszeitbeamten.

Der VGH Hessen, Beschluss vom 22. Oktober 2018, – 1 B 1594/18, hat zu einem Beamten auf Probe wie folgt entschieden: Der Senat hielt allein die Teilnahme an einer die Asyl- und Flüchtlingspolitik kritisierenden Versammlung einschließlich des Tragens eines Transparents mit der Aufschrift „Asyl macht uns Arm“ für die Entlassung nicht für ausreichend. Weitere Aktivitäten in sozialen Netzwerken sowie die Teilnahme an Demonstrationen mit Aktivisten aus der neonazistischen Szene waren aber ausreichend, um hier die Rechtmäßigkeit der Entlassung zu bejahen.
Spannend ist die Frage, ob die bloße Parteimitgliedschaft in der AfD für die Verneinung der Bewährung und eine darauf basierende Entlassung ausreicht.

Dafür spricht, dass die AfD zumindest in Teilen verfassungsfeindlich ist. Ein Engagement in dieser Partei ist nur schwer mit der Verfassungstreuepflicht vereinbar. Dagegen spricht, dass immer auf das individuelle Verhalten des einzelnen Beamten abzustellen ist. Es dürfte aber nach Potsdam rechtlich gerade noch vertretbar sein, die Entlassung auf die bloße Parteimitgliedschaft zumindest dann zu stützen, wenn der Beamte Mitglied in einem als gesichert rechtsextrem geltenden Landesverband ist. Jedoch sollten nach Möglichkeit weitere Argumente (z.B. Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken) gesammelt werden, um die Entlassung rechtlich zu stützen und nicht einen Präzedenzfall zu riskieren, indem ein Gericht die Rechtmäßigkeit der Entlassung verneint.

Schwieriger: Entfernung von Lebenszeitbeamten

Schwieriger als bei Beamten auf Probe und Widerruf ist die Entfernung von Lebenszeitbeamten durchzusetzen. Bei Versorgungsempfängern geht es darum, ob das Ruhegehalt aberkannt werden kann.

Zunächst muss die Frage geklärt werden, ob die Voraussetzungen für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu bejahen sind. Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, vgl. für Hessen § 20 Hessisches Disziplinargesetz (HDG).

Problematisch ist, ob allein die Mitgliedschaft in der AfD den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigt. Hierfür könnte sprechen, dass sich seit den Ereignissen von Potsdam mehr denn je im Hinblick auf die AfD die Frage der Verfassungstreue stellt. Rechtlich dürfte es daher vertretbar sein, allein aufgrund der AfD Mitgliedschaft ein Disziplinarverfahren zu eröffnen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass sich die bedenkliche Tätigkeit selten allein auf die Parteimitgliedschaft beschränken wird. Von einer “Karteileiche” wird der Dienstherr kaum Kenntnis erlangen.

Nach Abschluss der Ermittlungen im Rahmen eines eröffneten Disziplinarverfahrens ist aber dann streng zu überprüfen, ob die Vorwürfe sich erwiesen haben und für eine Entfernung ausreichen oder ob nur eine mildere Maßnahme wie z.B. Kürzung der Bezüge in Betracht kommt.

4. Tarifbeschäftigte

Alternativen zur Beendigung

Versetzung

Gem. § 4 TVöD-V bzw. § 4 TV-L kann eine Versetzung schon dann erfolgen, wenn dienstliche oder betriebliche Gründe vorliegen. Tarifbeschäftigte mit problematischen Ansichten sollten nicht im Vollzugsdienst beschäftigt werden. Hier kann eine Versetzung in den Innendienst ohne hoheitliche Gewalt zielführend sein, sofern der Arbeitgeber verständlicherweise die Kündigung aufgrund der hohen Anforderungen scheut.

Keine Entfristung

Relativ einfach kann das Problem gelöst werden, wenn sich der Tarifbeschäftigte noch in einer Befristung (z.B. sachgrundlos) befindet. Man verlängert dann einfach das Arbeitsverhältnis nicht, dies erspart auch Diskussionen mit dem Personalrat im Rahmen einer eventuellen Anhörung zur Kündigung.

Unverbindliche Ermahnung oder verbindliche Abmahnung

Ähnlich wie bei den Beamten kann der Tarifbeschäftigte eine unverbindliche Ermahnung erhalten. Dies bietet sich insbesondere bei Tarifbeschäftigten aus dem nicht-juristischen Bereich an, die sich ihres problematischen Verhaltens eventuell nicht bewusst sind und insoweit eine Anleitung durch den Arbeitgeber benötigen.

Sofern eine Ermahnung nicht fruchtet, kommt zur Vorbereitung der Kündigung eine Abmahnung in Betracht. Dafür müsste der Tarifbeschäftigte eine Pflichtverletzung begangen haben. Die Verfassungstreuepflicht bei tarifbeschäftigten Arbeitnehmer ergibt sich aus § 3 Abs. 1.1 TVöD-V bzw. § 3 Abs. 1 TV-L: Die Beschäftigten müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen.

Grundsätzlich sind bei Verstößen gegen die Verfassungstreuepflicht Abmahnungen denkbar. Die Frage ist aber, ob dies personalpolitisch zielführend ist. Echte Verfassungsfeinde werden sich von einer Abmahnung kaum beeindrucken lassen. Abmahnungen sind nur zielführend, wenn der Tarifbeschäftigte noch einsichtsfähig ist. Das kann der Fall sein, wenn an einer Demonstration teilgenommen wird, die einen unerwarteten extremistischen Verlauf nimmt. Auch bei einzelnen bedenklichen Posts in den sozialen Netzwerken kann eine Abmahnung zielführend sein.

Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses

Probezeitkündigung

Kündigungen in der Probezeit erfordern die Anhörung des Personalrats. Das sehen sowohl § 102 BetrVG für Betriebsräte als auch § 78 II HPVG für den Personalrat vor. Allerdings reicht es, wenn der Dienstherr dem Personalrat seine subjektive Einschätzung pauschal mitteilt. Nähere Begründungen sind nicht nötig.

Stützt der Arbeitgeber eine Probezeitkündigung allein auf Werturteile, wie zum Beispiel mangelnde Teamfähigkeit, Leistungsbereitschaft und Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten, genügt es, dem Personalrat diese Einschätzung mitzuteilen. Die diesem subjektiven Werturteil evtl. zugrundeliegende Tatsachenelemente muss der Arbeitgeber nicht angeben. Es reicht nach dem LAG Mecklenburg-Vorpommern aus, wenn der Arbeitgeber dem Personalrat lediglich das Werturteil als Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt.

Diskussionen zur Verfassungstreuepflicht kann man sich ersparen, wenn man die Kündigung unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung pauschal auf mangelnde Leistungsbereitschaft stützt. Der öffentliche Dienst setzt ein gewisses Mindestengagement für die Verfassung voraus.

Angebot eines Aufhebungsvertrages

Das Kündigungsschutzgesetz kann die Behörde durch das Angebot eines Aufhebungsvertrages umgehen. Allerdings muss man dem Tarifbeschäftigten etwas bieten, damit er einen Aufhebungsvertrag unterschreibt. In der Regel wird das eine Abfindung sein. Das Haushaltsreferat sollte davon zu überzeugen sein, dem Tarifbeschäftigten zumindest die Regelabfindung (0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr) zu zahlen. Kündigungsschutzprozesse sind zäh und gehen nicht zwangsläufig zu Gunsten der Behörde aus.

Kündigung auf gut Glück

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dem Tarifbeschäftigten zu kündigen, auch wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine Kündigung mehr als fraglich sind. Der Personalrat sollte zumindest bei erwiesenen Verfassungsverstößen hiergegen keine Einwände haben. Häufig suchen sich die Tarifbeschäftigten nach Ausspruch der Kündigung etwas Neues. Im laufenden Gerichtsverfahren kann dann immer noch ein Aufhebungsvertrag geschlossen werden. Sofern der Tarifbeschäftigte hartnäckig an seiner Stelle festhält, kann die Behörde die Kündigung zurücknehmen.

Kündigung nach entsprechender rechtlicher Prüfung

In den harten Fällen wird man eine Kündigung vor dem Arbeitsgericht ausfechten müssen. Hierauf sollte man sich nur einlassen, wenn handfeste Gründe vorhanden sind. Die bloße Mitgliedschaft in einer bedenklichen Organisation wird nicht ausreichen. Hinzukommen müssen weitere Faktoren, insbesondere bedenkliche Äußerungen in der Öffentlichkeit.

5. Fazit

  • Bei Beamten auf Probe oder Widerruf rechtfertigt die Verletzung der Verfassungstreuepflicht regelmäßig die Entlassung aus dem Amt. Bei Lebenszeitbeamten kommt eine Entfernung aus dem Dienst ebenfalls in Betracht, wenn auch die Anforderungen höher sind.
  • An die Tarifbeschäftigten sind weniger hohe Anforderungen als an die Beamten betreffend die Verfassungstreuepflicht zu stellen, gleichwohl schulden sie dem Dienstherrn Loyalität; sie dürfen den Staat und seine Verfassungsordnung nicht angreifen; in Betracht kommen eine Kündigung bzw. die Verweigerung der Einstellung.
  • Der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, kann ebenfalls einen Entlassungsgrund darstellen. Allerdings sind immer die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Bei “Karteileichen” kommt die Entfernung nur in Sonderfällen in Betracht, im Übrigen muss man auf das konkrete Verhalten und die Aussagen des jeweiligen Bediensteten abstellen.
  • Darüber hinaus sind immer Alternativen zur Entfernung aus dem Dienst bzw. der Kündigung wie eine Vesetzung oder mildere Sanktionen (z.B. schriftliche Ermahnung) zu prüfen.